Stichwahl im Iran: Reformkandidat gegen Hardliner

  • Stichwahl zwischen reformorientiertem Massud Peseschkian und Hardliner Said Dschalili nach unerwartetem Tod von Ebrahim Raisi.
  • Peseschkian versucht enttäuschte Wähler zu mobilisieren, Dschalili erhält Unterstützung vom konservativen Lager.

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Im Iran haben die Bürger die Wahl zwischen dem gemäßigten Politiker Massud Peseschkian und dem Hardliner Said Dschalili. Staatsoberhaupt und Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei eröffnete in Teheran die Wahl, die aufgrund des unerwarteten Todes des bisherigen Amtsinhabers Ebrahim Raisi stattfindet. Die Stimmenabgabe soll bis 16.30 Uhr deutscher Zeit möglich sein, wobei eine Verlängerung nicht ausgeschlossen ist. Mit den ersten Ergebnissen wird am Samstag gerechnet. Von ursprünglich 80 Bewerbern hat der Wächterrat nur sechs zugelassen, von denen sich zwei zurückzogen. Anders als in vielen Staaten ist der Präsident im Iran nicht das Staatsoberhaupt; die tatsächliche Macht liegt bei Chamenei. Der 69-jährige Peseschkian wirbt um das Vertrauen einer desillusionierten Bevölkerung, die nach gescheiterten Reformen und einer Wirtschaftskrise von der Politik enttäuscht ist. Er fordert eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen und kritisiert die Internetzensur sowie das rigide Vorgehen gegen Frauen, die sich der Kopftuchpflicht widersetzen. Trotz seiner Loyalitätsbekundungen gegenüber Chamenei zweifeln Kritiker an seiner Durchsetzungskraft angesichts der Hardliner-Mehrheit im Parlament. Dschalili hingegen ist ein enger Vertrauter des Religionsführers und war unter Mahmud Ahmadinedschad Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen. Als engagierter Anhänger der Ideologie der Islamischen Revolution genießt er breite Unterstützung im konservativen Lager. Die erste Wahlrunde verzeichnete mit etwa 40 Prozent eine historisch niedrige Beteiligung, was die Enttäuschung vor allem der jungen Generation widerspiegelt. Peseschkian erreichte 42,5 Prozent der Stimmen, Dschalili 38,7 Prozent. Der konservative Drittplatzierte, Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf, der 3,4 Millionen Stimmen erhielt, unterstützt nun Dschalili. Dies verleiht dem konservativen Lager einen gewissen Vorteil in der Stichwahl. Peseschkian hingegen muss vor allem die Nichtwähler überzeugen, um gewinnen zu können. Das politische System des Iran, das seit der Revolution von 1979 Bestand hat, vereint republikanische und theokratische Elemente. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Der Wächterrat prüft die Kandidaten auf ihre Eignung. Grundsätzliche Kritik am System wird strikt unterbunden, was sich in der Niederschlagung von Protesten in den letzten Jahren zeigt.

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