Bahnreform unter Labour: Vollständig staatliches Schienennetz und modernisierte Tarifstrukturen

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Die Labour-Partei hat ein umfangreiches Versprechen für die Neugestaltung des britischen Eisenbahnnetzes abgegeben. Sollte sie die anstehenden Wahlen gewinnen, plant die Partei, die Passagierschienenverkehre vollständig zu verstaatlichen – und das bereits innerhalb ihrer ersten Amtsperiode. Diese ehrgeizige Initiative sieht vor, private Betreiber sukzessive aus dem Geschäft zu drängen, indem die Kontrolle über die Bahnbetriebe nach Auslaufen ihrer aktuellen Verträge oder durch vorzeitige Kündigung mittels Ausstiegsklauseln an den Staat übergeht. Die Strategie zur Renationalisierung ist nicht nur eine klare Abkehr von den Privatisierungsmaßnahmen der konservativen Regierung der 1990er, sie steht auch im Widerspruch zu Warnungen aus der Privatwirtschaft, die steigende Kosten und einen Rückgang der Serviceleistungen befürchten. Louise Haigh, Schattenministerin für Verkehr der Labour-Partei, erklärt, dass diese weitreichende Reform eine Antwort auf jahrelange Mängel im britischen Schienensystem sei und keinen Aufschub dulde. Ein Kernstück des Labour-Plans, dessen offizielle Vorstellung für diesen Donnerstag geplant ist, ist ein vereinfachtes Tarifsystem, das das derzeitig komplexe Geflecht aus verschiedenen Ticketarten und -rabatten ersetzen soll. Zugleich sollen Modernisierungen wie ein 'Pay-as-you-go'-Ticketing, automatische Rückerstattungen bei Verspätungen oder Ausfällen sowie eine 'Bestpreis-Garantie' eingeführt werden. Die künftige Bahnverwaltung würde durch eine öffentliche Behörde wahrgenommen, die zwar staatlich ist, jedoch unabhängig agieren soll. Zu den privaten Unternehmen, die ihre Rolle im britischen Schienenverkehr verlieren würden, gehören First Group, Abellio und Go-Ahead. 'Open Access'-Betreiber wie Heathrow Express und Lumo sollen hingegen weiterhin Zugang zum Netz erhalten, ohne staatliche Beteiligung an ihrem Betrieb oder ihrer Finanzierung. Bestehen bleiben auch die Leasingfirmen für Schienenfahrzeuge, die Roscos, aufgrund ihrer hohen Rentabilität und der als zu kostspielig betrachteten Renationalisierung. Die privat geführten Bahngesellschaften, die vergebens um eine weiterhin bestehende Rolle im Passagierbetrieb, wenn auch unter strenger staatlicher Aufsicht, geworben hatten, stehen dem Labour-Plan kritisch gegenüber. Andy Bagnall von Rail Partners warnt vor steigenden Kosten durch die Renationalisierung und mahnt, dass diese entweder zu weniger Zugverbindungen oder höheren Subventionen führen könnten. Außerdem wurde vor dem finanziellen Risiko gewarnt, das aus den langfristigen Leasingverträgen für das rollende Material entstehen könnte, sollten diese Verbindlichkeiten auf den öffentlich-rechtlichen Sektor übergehen. Schon jetzt ist ein erheblicher Teil des Netzes – fast 40 Prozent des Hauptstrecken-Passagierverkehrs – aufgrund schwacher Performance oder finanzieller Probleme staatlich kontrolliert. Im Gegensatz dazu strebt die konservative Partei bei einer Wahlübernahme eine Reform an, die unter anderem die Schaffung einer neuen staatlichen Aufsichtsbehörde vorsieht und privaten Bahngesellschaften unter diesem Dach mehr unternehmerische Freiheiten ermöglichen soll. Hierbei wird die Verdoppelung der Fahrgastzahlen zwischen Mitte der 1990er Jahre und 2019 als Erfolg des privatisierten Sektors angeführt. Huw Merriman, Eisenbahnminister, kritisierte den Plan der Labour-Partei als 'unfinanziert' und bezweifelt, dass dieser zu Verbesserungen hinsichtlich Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit im Zugverkehr für die Fahrgäste führen wird.
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