John Schulman, einer der Mitbegründer von OpenAI und wichtiger Architekt des ChatGPT-Chatbots, hat das Unternehmen verlassen und ist zu dessen Hauptkonkurrenten Anthropic gewechselt. Schulman reiht sich in eine Reihe von hochrangigen Abgängen bei OpenAI in den letzten Monaten ein.

Schulman wird bei Anthropic, einem 2021 von ehemaligen OpenAI-Forschern gegründeten Start-up, das sich auf die Sicherheit von KI-Systemen fokussiert, an der sogenannten „Alignment-Forschung“ arbeiten. Diese Forschung soll sicherstellen, dass KI-Systeme menschlichen Werten entsprechen. Am Montag kündigte auch OpenAI-Präsident Greg Brockman auf der Social-Media-Plattform X an, dass er den Rest des Jahres freinehmen werde.

„Diese Entscheidung beruht auf meinem Wunsch, mich intensiver auf die KI-Alignment-Forschung zu konzentrieren und ein neues Kapitel in meiner Karriere zu beginnen, in dem ich wieder praktische technische Arbeit verrichten kann, zusammen mit Menschen, die sich tief mit den Themen beschäftigen, die mich am meisten interessieren“, schrieb Schulman in einer Mitteilung an seine Kollegen.

Schulmans Abgang folgt dem von Ilya Sutskever, einem weiteren Mitglied der 11-köpfigen Gründungsgruppe und ehemaligem Chief Scientist von OpenAI, sowie anderen Mitgliedern seines Teams. „Um klarzustellen: Ich verlasse OpenAI nicht wegen mangelnder Unterstützung für Alignment-Forschung. Im Gegenteil, die Unternehmensführung war sehr engagiert, in diesen Bereich zu investieren“, fügte Schulman hinzu.

Greg Brockman erklärte auf X, er nehme sich eine Auszeit: „Zum ersten Mal seit der Gründung von OpenAI vor 9 Jahren entspannen. Die Mission ist noch lange nicht abgeschlossen; wir haben noch eine sichere AGI zu bauen“, schrieb er, wobei er sich auf künstliche allgemeine Intelligenz bezog, also eine KI, die die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen erreichen oder übertreffen kann.

Die Abgänge folgen auf eine turbulente Zeit bei OpenAI. Seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 hat das Unternehmen eine Bewertung von 86 Milliarden Dollar erreicht und eine Reihe von Chatbots entwickelt, die immer komplexere Aufgaben bewältigen können. Das Unternehmen stand jedoch wegen des Tempos seiner KI-Entwicklung und der Ausrichtung seiner Forschung in der Kritik.

Diese Bedenken gipfelten im November letzten Jahres in einer Krise im Vorstand, bei der Brockman und CEO Sam Altman abgesetzt wurden. Das Paar kehrte innerhalb von fünf Tagen nach einer Kampagne von Mitarbeitern und Investoren in ihre Rollen zurück. Die Direktoren, die für Altmans Absetzung gestimmt hatten, wurden seitdem ersetzt, wobei Adam D’Angelo, CEO von Quora, als einziger Direktor durch die Krise hindurch im Amt blieb.

Elon Musk, der bei der Gründung von OpenAI half, aber 2018 nach Auseinandersetzungen mit Altman aus dem Vorstand ausschied, reichte am Montag eine Klage ein, in der er behauptete, OpenAI und dessen CEO hätten die Mission, der Menschheit zu dienen, bei der kommerziellen Partnerschaft mit Microsoft verraten. Microsoft hat seit 2019 13 Milliarden Dollar in OpenAI investiert.

Zahlreiche andere hochrangige Mitarbeiter verließen das Unternehmen, um eigene Projekte zu verfolgen, und kritisierten dabei OpenAIs Ansatz. Jan Leike, ein prominentes Mitglied von Sutskevers „Superalignment-Team“, verließ das Unternehmen im Mai und äußerte Kritik an den Bemühungen des Unternehmens, sicherzustellen, dass KI verantwortungsbewusst entwickelt und eingesetzt werden kann.

„In den letzten Jahren haben Sicherheitskultur und -prozesse gegenüber glänzenden Produkten an Bedeutung verloren“, schrieb Leike, der ebenfalls zu Anthropic wechselte, in einem Beitrag auf X.

Andrej Karpathy, ein weiteres Gründungsmitglied von OpenAI im Jahr 2015, verließ das Unternehmen im Februar, um an seinem eigenen KI-Projekt zu arbeiten.

In Reaktion auf Schulmans Abgang erklärte OpenAI: „Wir sind John für seine Beiträge als Gründungsmitglied von OpenAI und seine engagierten Bemühungen zur Förderung der Alignment-Forschung dankbar. Seine Leidenschaft und harte Arbeit haben eine starke Grundlage geschaffen, die zukünftige Innovationen bei OpenAI und im weiteren Feld unterstützen wird.“