Inmitten des Rückgangs traditioneller Kirchengemeinden in den USA bieten unternehmerische Netzwerke finanzielle Unterstützung und Schulungen für angehende Kirchenleiter an, um neue, meist konfessionslose Gottesdienste zu gründen.

Aaron Burke gründete vor einem Jahrzehnt die Radiant Church in einem heruntergekommenen Kino in Tampa, Florida, und bot damit ein Modell des Christentums an, das bei den Gläubigen in den USA immer beliebter wird. Die Kirche vertritt konservative Ansichten zu Geschlechterfragen und Sexualität und ihre Gottesdienste zeichnen sich durch eine pentekostalische Begeisterung mit energiegeladenen Bands und unterhaltsamen Predigten aus. Während Radiant anfangs weniger als 200 Besucher anzog, zählt die Kirche heute durchschnittlich fast 8.000 Besucher an neun Standorten.

Burke, ein in der Pfingstbewegung ordinierter Pastor, startete seine Kirche nicht nur mit Glauben, sondern auch mit finanzieller Unterstützung. Er verkaufte ein Secondhand-Laden in Pensacola, Florida, und sammelte weitere Mittel, darunter 30.000 US-Dollar von der Association of Related Churches (ARC), einem franchiseähnlichen Kirchennetzwerk.

ARC fungiert als Startup-Beschleuniger, der Geld und Mentoring im Austausch für einen kontinuierlichen Anteil an den Einnahmen der Kirche bietet, den es in die Gründung neuer Kirchen investiert. Ähnliche Netzwerke sprießen derzeit in den USA aus dem Boden, um neue, meist konfessionslose Gottesdienste zu eröffnen, während viele traditionelle Kirchengemeinden schrumpfen.

„Wir brauchen Pastoren, die wissen, wie man die Kirche mit marktgerechten Prinzipien führt“, sagte Burke, der einen MBA und einen Doktortitel in Theologie hat. ARC hat seit 2001 weltweit 1.114 Kirchen gegründet, darunter 40 im vergangenen Jahr. Ein weiteres Kirchennetzwerk, Acts 29, betreibt derzeit 644 Kirchen, hauptsächlich in den USA, aber auch in Italien, Mexiko und Thailand.

Traditionelle christliche Kirchen in den USA verlieren Mitglieder, teilweise weil immer mehr junge Menschen keine religiöse Bindung haben, wie Studien zeigen. Vor zwei Jahrzehnten besuchten 42% der amerikanischen Erwachsenen wöchentlich oder fast wöchentlich Gottesdienste, heute sind es nur noch 30%. Tausende Kirchen schließen jedes Jahr ihre Türen.

Die Netzwerke verfolgen einen frischen Ansatz. „Es ist fast wie ein Silicon Valley Venture-Capital-Modell für das Kirchenwachstum“, sagte Ryan Burge, Associate Professor an der Eastern Illinois University, der sich auf Religion und Politik spezialisiert hat.

Burke und seine Frau Katie mieteten 2013 ein schäbiges Kino in einem Einkaufszentrum und machten sich an die Arbeit. Sie reinigten Teppiche, säuberten Badezimmer und dekorierten Räume für ein Café und eine Kindertagesstätte. Sie kauften ein Soundsystem, Videoausrüstung und Beleuchtung.

Burke wollte sowohl gläubige als auch neue Besucher für die Radiant Church gewinnen. Er richtete Parkplatzbegrüßer ein und hielt kurze, humorvolle Predigten, die für das alltägliche Leben relevant waren. „Wir werden alles tun, um es den Menschen, die zu Gott finden wollen, nicht schwer zu machen“, sagte er.

An einem kürzlichen Sonntagmorgen strömten die Gemeindemitglieder in die Kirche, vorbei an hellen orangenen Schildern am Eingang mit der Aufschrift „Neu hier? Schaut vorbei und sagt Hallo!“ Viele Besucher waren in ihren 20ern und 30ern und kamen mit Kindern. Eine Live-Band und Sänger eröffneten den Gottesdienst. Die Menschen im Publikum wiegten sich im Rhythmus und streckten die Arme in die Höhe.

Burkes Predigt drehte sich um die Gefahren des Egoismus. Er zitierte die Bibel und illustrierte ihre Botschaften mit humorvollen Geschichten über Modediäten und die Selfie-Kultur. Zu einem bestimmten Zeitpunkt brachten Assistenten zwei Leitern auf die Bühne, eine mit der Aufschrift „Selbst“ und die andere mit „Opfer“. Er bemühte sich theatralisch, beide gleichzeitig zu erklimmen, wobei seine Beine immer weiter auseinander gingen, bis er fast fiel.

„Man kann nicht weit kommen, wenn man versucht, zwischen beiden zu leben“, sagte er unter Gelächter.

Nach der Predigt ging Burke mit Mitarbeitern und Freiwilligen in sein Büro, um den Gottesdienst zu besprechen. Sie diskutierten über ungeschickte musikalische Übergänge, Anpassungen der Kamerawinkel für das Online-Publikum und mögliche Änderungen an der Predigt.

Eine Frau schlug vor, Burke solle die Leiter-Szene noch mehr übertreiben, indem er höher klettert. „Es sollte fast so wirken, als ob er gleich fallen würde“, sagte sie.

„Ich möchte nicht viral gehen“, antwortete Burke scherzhaft.

Burkes Predigten werden an vier Gottesdiensten jeden Sonntag im Kino in Tampa gehalten. Sie werden auch online gestreamt und live an die acht Standorte in der Region übertragen, wo Burke auf einer großen Leinwand projiziert wird. Diese Satellitenstandorte, einige in gemieteten Räumen in Schulen, haben eigene Bands und Gottesdienstprogramme.

Radiant nahm im vergangenen Jahr fast 18 Millionen US-Dollar an Zehnten und Sonderopfern ein. Davon zahlte die Kirche 248.000 US-Dollar an ARC und an einzelne Kirchen-Startups. Radiant gab 3,4 Millionen US-Dollar für die Expansion, 6,2 Millionen US-Dollar für den Betrieb und 5,7 Millionen US-Dollar für das Personal aus.

Tarra Dimanche begann vor fast zwei Jahren, den Standort in East St. Petersburg zu besuchen. Sie war lebenslanges Mitglied einer African Methodist Episcopal Church und fühlte, dass sie sich spirituell nicht weiterentwickelte.

Dimanche und ihr Mann, Damas Dimanche, fühlten sich willkommen, als sie Radiant besuchten. Sie nahmen an Kirchenaktivitäten teil, darunter eine Gebetsgruppe. Die Predigten von Burke und den anderen Ministern sprachen sie an, „weil sie die Informationen und die Schrift in einer Weise aufschlüsseln, die auf dein Leben anwendbar ist“, sagte Dimanche, 48. „Das ist das eine, was mich immer wieder zurückkommen lässt.“

Kirchen wie Radiant entsprechen der Vision der ARC-Gründer, als sie ihre Organisation vor 23 Jahren gründeten. Der Geschäftsführer Dino Rizzo sagte, dass sie langsam angefangen hätten. Bis 2009 gründeten sie durchschnittlich 50 neue Kirchen pro Jahr. Das Netzwerk mit Sitz in Birmingham, Alabama, investierte im vergangenen Jahr mehr als 7 Millionen US-Dollar in die Eröffnung neuer Kirchen.

Als religiöse Non-Profit-Organisationen sind die Netzwerke von der Pflicht zur jährlichen Einreichung von Steuererklärungen bei der IRS befreit. ARC gab an, im Jahr 2022 Einnahmen von 16,8 Millionen US-Dollar erzielt zu haben; 3,1 Millionen davon gingen in Verwaltungskosten und 13,6 Millionen in Programmausgaben, einschließlich Konferenzen und Schulungen.

ARC stellt Kirchengründern bis zu 100.000 US-Dollar an Matching-Funds als zinsloses Darlehen zur Verfügung. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Kirche, wenn sie erfolgreich ist, einen Teil ihres Jahresumsatzes an ARC zahlt. Etwa 90 % der neuen Kirchen sind nach fünf Jahren noch in Betrieb, so die Netzwerkvertreter.

Diejenigen, die mit Hilfe des Netzwerks neue Kirchen gründen wollen, sind meist verheiratete Paare, so ARC, das Schulungen anbietet. Bei einer kürzlichen zweitägigen Sitzung in Palm Beach Gardens, Florida, rieten Redner dem Publikum, sich auf eine herausfordernde Aufgabe vorzubereiten.

„Kirchengründung ist nichts für schwache Nerven“, sagte T.J. McCormick, der die Coastal Community Church in Parkland, Florida, gegründet hat.

Die Startstrategie von ARC besteht darin, das Ziel zu setzen, mindestens 200 Menschen zum ersten Gottesdienst zu ziehen. Ein Redner sagte, Pastoren sollten bestrebt sein, ein Startteam von mindestens 45 Personen zu haben, die Aufgaben wie das Einrichten des Gottesdienstes und das Begrüßen der Gäste übernehmen. Ein weiterer Vorschlag: Potenzielle Gemeindemitglieder versammeln und über die neue Kirche bei Getränken und Snacks informieren.

Ein Paar diskutierte über Suchmaschinenoptimierung und lernte, den Namen ihrer neuen Kirche an die Spitze der Google-Suchergebnisse zu bringen. Sie schlugen vor, Google-Anzeigen zu kaufen und für bestimmte Schlüsselwörter und Phrasen wie „Kirche für junge Erwachsene in meiner Nähe“ zu bezahlen.

In einer Schulungssitzung über Gottesdienste riet ein Redner den Pastoren, einfache Sprache zu verwenden und Prinzipien zu vermitteln, die die Menschen in ihrem täglichen Leben anwenden können. Halten Sie die Predigten knapp, sagte der Redner: „TikTok hat die Aufmerksamkeitsspanne der Welt verkürzt.“

ARC führt Hintergrundüberprüfungen bei Personen durch, die eine Kirche gründen möchten, überprüft Finanzen, beurteilt die Gesundheit der Ehe eines Paares und überprüft Social-Media-Konten.

Der Prozess ist intensiv, sagte Michael Matthew, der 2020 mit seiner Frau Lisbeth Hernandez-Matthew die Eternal Rock Church in Houston gründete. Ihre Kreditscores erreichten nicht den Schwellenwert von ARC – aufgrund von medizinischen Schulden, sagte er – und das Paar arbeitete mit einem Finanzcoach zusammen, um diese ausreichend zu erhöhen.

Das Paar musste seine Fähigkeit nachweisen, zu predigen, Personal zu managen und Freiwillige zu gewinnen. Sie brauchten eine Marken- und Marketingstrategie und mussten zeigen, dass sie in der Lage waren, Predigten für ein ganzes Jahr zu produzieren.

Dann mussten sie ihren Plan vor ARC-Vertretern präsentieren. „Es war fast wie eine christliche Version von Shark Tank“, sagte Matthew, 47.

Bei Acts 29, mit Sitz in Mission Viejo, Kalifornien, reichen Pastoren, die ihre eigenen Kirchen gründen möchten, zunächst eine Anfrage online ein. Der formelle Antrag erfordert Predigtproben und theologische Reflexionen. Danach folgt ein zweitägiges Retreat, bei dem die Bewerber von erfahrenen Kirchengründern bewertet werden.

Demeko Bivens, der zusammen mit seinem Freund aus der Highschool, Raph Peters, eine Kirche in Houston gründen wollte, sagte, die Interviews bewerteten ihre religiöse Berufung, Kompetenz und Charakter. Sie hielten Predigten vor Pastoren und Kirchenführern.

Bivens und Peters absolvierten ein ein- und zweijähriges Praktikum in zwei Kirchen, während sie sich auf die Gründung der Sojourn Southside Church im Oktober 2022 vorbereiteten. Acts 29 stellte ein Geschenk von 20.000 US-Dollar zur Verfügung, und mindestens acht Kirchen in Mississippi und Houston gaben weitere 30.000 US-Dollar. Die Männer sammelten 100.000 US-Dollar eigenständig.

Acts 29 hatte im letzten Jahr Einnahmen von etwa 6 Millionen US-Dollar. Davon stammten 5,2 Millionen US-Dollar von seinen Kirchen, laut dem jüngsten Jahresbericht der Organisation. Die Ausgaben der Organisation, einschließlich Konferenzen, Bewertungen und Unterstützung für Pastoren und ihre Ehefrauen, beliefen sich 2023 auf etwa 7 Millionen US-Dollar. Acts 29 deckte sein Defizit von 1 Million US-Dollar aus Ersparnissen. Die Kirchen des Netzwerks geben in der Regel direkt an die Menschen, die neue Kirchen gründen, anstatt an die Dachorganisation.

Justin Serra, ein Teilnehmer von Acts 29, gründete im Februar die New City Fellowship in Orlando, Florida. Der 33-Jährige sagte, das Fundraising sei der schwierigste Teil gewesen, da er nicht gewohnt war, Menschen um Geld zu bitten. Dennoch hat er seit Mai 2022 150.000 US-Dollar gesammelt – 110.000 US-Dollar hauptsächlich von Acts 29 Kirchen und zusätzliche 40.000 US-Dollar von Familie, Freunden und anderen Kirchen-Startnetzwerken.

Noah Herrin und seine Frau, Maddy Herrin, kamen 2022 mit 2.000 US-Dollar nach Nashville, Tennessee. Sie sammelten 675.000 US-Dollar – 100.000 davon von ARC und den Großteil des Restes von anderen Kirchen – und eröffneten im letzten Jahr die Way Church mit 551 Besuchern am ersten Tag.

Das Paar deckte alle Ausgaben für die Gründung der Kirche und die Betriebskosten für das erste Jahr, sagte Noah Herrin, 29. Er nutzte seine Erfahrungen beim Start eines Social-Media-Geschäfts. Damals, sagte er, konzentrierte er sich auf die Werbung für Produkte.

Jetzt, „ist es eine völlig andere Botschaft“, sagte Herrin. „Es geht mehr um Gemeinschaft und Gott.“