Wirecard-Prozess: Chefbuchhalter unter Druck

  • Der Wirecard-Prozess enthüllt Unregelmäßigkeiten in den Geschäftszahlen.
  • Ehemaliger Chefbuchhalter und CEO beschuldigen Kronzeugen der Falschaussage.

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Im Wirecard-Prozess musste sich der frühere Chefbuchhalter des Konzerns, E., einer Reihe unangenehmer Fragen des Vorsitzenden Richters Markus Födisch stellen. Födisch konfrontierte E. mit erheblichen Unstimmigkeiten in den Geschäftszahlen des Unternehmens. Offenbar veröffentlichte Wirecard in den Jahren vor seinem milliardenschweren Zusammenbruch 2020 häufig vorläufige Geschäftsergebnisse, bevor die drei zentralen Partnerfirmen ihre eigenen Zahlen bereitgestellt hatten. Ein konkretes Beispiel untermauert diese Vorwürfe: Am 26. Oktober 2016 publizierte Wirecard den vorläufigen Geschäftsbericht für das dritte Quartal, obwohl die Partnerfirmen Senjo, Al Alam und Payeasy ihre Daten erst im November lieferten. Diese Verzögerung, so das Gericht, sei nicht einmalig, sondern vielmehr die Regel gewesen. Die genannten Unternehmen wickelten im Auftrag von Wirecard Kreditkartenzahlungen in Regionen wie dem Mittleren Osten und Südostasien ab. Laut Anklage handelte es sich bei diesen Transaktionen jedoch um eine reine Fiktion, da das sogenannte TPA-Geschäft (Third-Party Acquiring) gar nicht existierte. Die Staatsanwaltschaft vertritt die Meinung, dass ohne die fingierten TPA-Zahlen keine vorläufigen Berichte erstellt werden konnten. Der Vorsitzende Richter wies darauf hin, dass die Angaben von E. nicht zu den Fakten passen. E. hatte zuvor sein Schweigen gebrochen, jedoch nicht das von der Kammer geforderte umfassende Geständnis abgelegt. Sein Verteidiger argumentierte, dass die drei Partnerfirmen sehr wohl Zahlen geliefert hätten, auch wenn diese teilweise nur via Screenshots über den Chatdienst Telegram gesendet wurden und heute nicht mehr nachvollziehbar seien. Während der Mitangeklagte und Kronzeuge Oliver Bellenhaus die Anklagevorwürfe weitgehend eingestanden hat, weist der ehemalige Vorstandschef Markus Braun diese vollständig zurück. E. selbst und der ehemalige CEO Braun beschuldigen Bellenhaus der Falschaussage. Der seit Dezember 2022 laufende Münchener Mammutprozess geht nun in eine knapp vierwöchige Sommerpause.
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