Harland and Wolff vor finanziellen Turbulenzen: Sonderuntersuchung eingeleitet

  • Harland and Wolff untersucht eine Fehlanwendung von Unternehmensmitteln und könnte nächste Woche Insolvenz anmelden.
  • Die Muttergesellschaft spielte ihre Rolle aus, aber die Werften könnten eigenständig weiterarbeiten.

Eulerpool News·

Der renommierte Schiffbauer Harland and Wolff, bekannt für den Bau der Titanic, erlebt derzeit turbulente Zeiten. Das britische Unternehmen untersucht derzeit eine "Fehlanwendung" von über 25 Millionen Pfund Unternehmensmitteln und bereitet sich darauf vor, möglicherweise schon nächste Woche in die Insolvenz zu gehen. Russell Downs, ein Restrukturierungsexperte und seit letztem Monat Interim-CEO, betonte gegenüber der Financial Times, dass eine unabhängige, forensische Untersuchung ins Leben gerufen wurde. Diese solle nicht nur die Fehlanwendung von vermutlich über 25 Millionen Pfund prüfen, sondern auch geringfügigere Ausgaben beleuchten, die wenig oder keinen finanziellen Nutzen brachten. Downs hob hervor, dass es sich bei der Untersuchung um die Fehlanwendung und nicht um eine Veruntreuung von Geldern handelt. Die vollständige Tragweite möglicher Fehlverhalten müsse noch ermittelt werden. Sorgen der Kunden, deren Gelder nicht wie erwartet genutzt wurden, seien nachvollziehbar. Harland and Wolff beschäftigt etwa 1.200 Mitarbeiter an vier Standorten: Dem Hauptstandort in Belfast, Appledore im Südwesten Englands sowie zwei Standorten in Schottland. Seit die neue britische Labour-Regierung im Juli eine Notfallkreditgarantie von 200 Millionen Pfund ablehnte, kämpft das traditionsreiche Unternehmen um sein Überleben. Die Aktien des Unternehmens, die an der Londoner Junior Aim-Börse notiert sind, sind seit Anfang Juli ausgesetzt. Informierte Kreise berichten, dass die Muttergesellschaft Harland and Wolff Group Holdings bereits nächste Woche in die Insolvenz gehen könnte. Downs wiederum ging nicht spezifisch auf eine mögliche Insolvenz ein, sagte jedoch, die Muttergesellschaft habe ihre Rolle ausgespielt. Wichtig sei jedoch, dass die vier Werften des Unternehmens eigenständige rechtliche Einheiten seien und nicht zwangsläufig durch die Insolvenz der Muttergesellschaft betroffen wären. Die Nachricht über die Untersuchung kommt kurz nach dem Rücktritt von Finanzchef Arun Raman, der seit 2019 im Unternehmen war. Raman erklärte, er sei über Downs' Absicht, eine Untersuchung einzuleiten, informiert worden, kenne jedoch deren Umfang nicht. Im Jahr 2022 war Harland and Wolff Teil eines Konsortiums unter Führung des spanischen Unternehmens Navantia, das einen 1,6 Milliarden Pfund schweren Vertrag zum Bau neuer Schiffe für die Royal Navy gewann. Navantia prüfe derzeit, ob ein Teil des Subauftrags von H&W storniert wird, Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Dialoge mit dem britischen Verteidigungsministerium laufen weiter. Neben diesen Entwicklungen prüfen derzeit britische und internationale Interessenten einen möglichen Erwerb der Werften. Eine Entscheidung soll bis Ende des Monats fallen, die Verkaufsverhandlungen bis Jahresende abgeschlossen sein. Ehemaliger CEO John Wood, der 2019 die Rettung des Unternehmens leitete, nannte die Vorwürfe über die Untersuchung am Freitag „lächerlich“. Ergebnisse für das Jahr 2023 zeigen, dass das Unternehmen einen operativen Verlust von 24,7 Millionen Pfund verzeichnete, was zwar besser ist als 58,5 Millionen Pfund Verlust im Jahr 2022. Gleichzeitig sind die Einnahmen auf 86,9 Millionen Pfund mehr als verdreifacht worden.
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