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19.3.2024, 16:09

Ben & Jerry's Besitzer verliert die Lust auf Eiscreme

Unilever will sein Eiscreme-Geschäft mit Marken wie Magnum und Popsicle abspalten und denkt über einen Verkauf nach.

Nach über einem Jahrhundert im Eisgeschäft hat der Besitzer von Ben & Jerry’s, Unilever, seinen Appetit auf diese Sparte verloren. Das Unternehmen kündigte an, seine Eissparte – zu der auch Marken wie Magnum, Wall’s, Breyers, Talenti, Popsicle und Klondike gehören – in ein eigenständiges Unternehmen auszugliedern. Eine Börsennotierung als separate Einheit scheint das wahrscheinlichste Ergebnis zu sein, wobei auch ein Verkauf möglich ist. Diese Ankündigung ist Teil eines umfassenderen Umstrukturierungsplans, der darauf abzielt, innerhalb der nächsten drei Jahre 800 Millionen Euro einzusparen und rund 7.500 Arbeitsplätze zu betreffen. Dieser Schritt markiert die neueste Initiative des neuen CEO Hein Schumacher, Unilever zu vereinfachen und das Wachstum des Unternehmens zu fördern.

Unilever verkauft Eis seit dem Kauf von Walls im Jahr 1922, einer Marke, die von einer Metzgerei in London ins Leben gerufen wurde, um die schwächeren Fleischverkäufe in den Sommermonaten auszugleichen. Im Laufe der Jahre expandierte Unilever im Eisgeschäft, unter anderem durch den Kauf von Breyers im Jahr 1993 und Ben & Jerry’s sieben Jahre später. Trotz eines Jahresumsatzes von 8,6 Milliarden Dollar für die Eissparte, die fünf der zehn weltweit umsatzstärksten Marken umfasst, sieht sich Unilever mit Herausforderungen konfrontiert, insbesondere mit der Marke Ben & Jerry’s, die zunehmend zum Problem für das Unternehmen wurde.

Die Unstimmigkeiten zwischen Ben & Jerry’s und Unilever gipfelten zuletzt in einer Klage, nachdem Unilever das Geschäft in Israel ohne Absprache verkauft hatte – eine Entscheidung, die auf die Einstellung des Verkaufs in jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland und im umstrittenen Ostjerusalem folgte. Zudem entbrannte ein Konflikt über die Präsenz von Nelson Peltz im Unilever-Verwaltungsrat, der auch eine Position beim Simon Wiesenthal Center innehatte, welches zum Boykott von Ben & Jerry’s aufrief, nachdem die unabhängige Vorsitzende der Marke Israels Handlungen in Gaza verurteilt hatte.

Die finanzielle Leistung der Eissparte war zudem enttäuschend. Der Verkauf von Eiscreme stieg im letzten Jahr um 2,3%, die schwächste Wachstumsrate in Unilevers Portfolio. Preiserhöhungen zur Kompensation gestiegener Inputkosten führten zu einem Rückgang der im Supermarkt gekauften Mengen. Besonders der Verkauf von Eis zum Verzehr zu Hause, der etwa 60% von Unilevers Eismarkt ausmacht, ist preissensibel. Unilever kämpft auch im Bereich des Außer-Haus-Verkaufs von Eis, der je nach Wetterlage stark schwankt.

Die zunehmende Popularität von Diätmitteln wie Ozempic und Zepbound führt zu neuen Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Nachfrage nach Eiscreme. Hinzu kommt, dass die Eissparte einen signifikanten Anteil an Unilevers Kohlenstoff-Fußabdruck ausmacht, wobei in Laden befindliche Gefriertruhen 10% der gesamten Treibhausgasemissionen des Unternehmens verursachen. Unilever hat versucht, diesen durch den Einsatz erneuerbarer Energien zu reduzieren.

Analysten haben wiederholt vorgeschlagen, dass Unilever die Eissparte oder sogar das gesamte Lebensmittelgeschäft verkaufen könnte, um das Wachstum anzukurbeln. Die kapitalintensive Kälte-Lieferkette der Eissparte unterscheidet sich deutlich von den anderen Geschäftsbereichen Unilevers. Frozen-Food-Geschäfte sind jedoch aufgrund ihres teuren gekühlten Logistiknetzwerks schwer zu verkaufen. Analyst Bruno Monteyne von Bernstein vermutet, dass Unilever sich zur Abspaltung der Eissparte entschlossen hat, weil kein Käufer zu einem akzeptablen Preis gefunden werden konnte.

Unilever erwartet, die Eissparte bis Ende nächsten Jahres vollständig abgespalten zu haben. Über den Ort einer möglichen Börsennotierung ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Das Restrukturierungsprogramm soll laut Unilever die laufenden Kosten der Ausgliederung des Eissektors mehr als ausgleichen. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen etwa 7.500 überwiegend bürogebundene Stellen weltweit betreffen.

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