Deutsche Unternehmen: Langwieriger Prozess zur Unabhängigkeit von China

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Die Abkopplung deutscher Hersteller vom chinesischen Markt könnte Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Diese Einschätzung vertritt Ralf Thomas, Finanzvorstand des Technologiekonzerns Siemens, und weist damit auf das Dilemma hin, mit dem sich viele westliche Unternehmen konfrontiert sehen – abhängig zu sein, sowohl vom chinesischen Markt als auch von Lieferketten aus dem Land. „In den letzten 50 Jahren wurden globale Wertschöpfungsketten aufgebaut. Wie naiv muss man sein zu glauben, dass dies innerhalb von sechs oder zwölf Monaten zu ändern sei?“, konstatierte Thomas. „Dabei geht es um Jahrzehnte.“ Seine Bemerkungen spiegeln sei neuestens die Ergebnisse eines Berichts des Instituts der deutschen Wirtschaft wider, aus welchem hervorgeht, dass deutsche Firmen seit 2022 kaum Fortschritte gemacht haben, ihre Abhängigkeiten von China zu verringern und kritische Importabhängigkeiten zu reduzieren. Mit Handelsvolumina im Wert von 254 Milliarden Euro im Jahr 2023 zwischen Deutschland und China, ist das asiatische Land der größte Handelspartner Deutschlands, erklärte das Statistische Bundesamt. Die enge Verflechtung, die von großen Konzernen wie Volkswagen und BASF bis hin zu mittelständischen Unternehmen reicht, wurde lange als Säule der deutschen Wirtschaftskraft und als Globalisierungsvorbild betrachtet. Diese Beziehung wird jedoch nun sowohl von Investoren als auch von Politikern zunehmend als Bürde angesehen. So warnte die Bundesbank im vergangenen Jahr, dass eine übermäßige Abhängigkeit von China das deutsche „Geschäftsmodell gefährde“. Im Juli rief Außenministerin Annalena Baerbock deutsche Unternehmen zur Reduktion ihrer Abhängigkeiten von China auf. Die jüngsten Äußerungen von Siemens, das sein Engagement in China verteidigte und Pläne zur Marktanteilserweiterung ankündigte, fallen zusammen mit dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in China, bei dem neben dem Siemens-CEO auch der designierte BASF-Chef teil der hohen Handelsdelegation ist. „Es wäre ein grobes Missverständnis zu denken, dass es die Absicht dieser Regierung [wäre, Handel mit China zu reduzieren]. Wir beabsichtigen, den Handel mit China auszubauen, dabei jedoch die Notwendigkeit des Risikomanagements und der Diversifizierung zu berücksichtigen“, erläuterte ein deutscher Regierungsvertreter. „Was kritische Abhängigkeiten betrifft, so müssen wir uns diesen stellen. Wir wollen uns nicht abschotten, sondern ausgewogene Partnerschaften anstreben.“ Ein weiterer Bericht des Kieler Instituts, der diese Woche veröffentlicht wurde, schätzte, dass Pekings Subventionen für inländische Industrien, einschließlich Unternehmen wie BYD, zwischen dem 3- und 9-fachen anderer OECD-Länder lägen. Thomas von Siemens betonte, dass das Unternehmen es sich „nicht leisten könne, [in China] nicht präsent zu sein“. Er bezeichnete das Aufkommen aggressiver lokaler Wettbewerber als „Herausforderung“ und merkte an, dass „wer in der chinesischen Küche bestehen kann, auch anderswo erfolgreich ist“. In einem Leitartikel der staatlichen „Global Times“ zur Visite der deutschen Delegation hieß es, dass die Beziehung zwischen beiden Ländern „einige Herausforderungen wie Marktzugang und fairen Wettbewerb“ aufweise. „Diese Herausforderungen sollten jedoch nicht als Vorwand dienen, die bilaterale Zusammenarbeit von ihrem positiven Kurs abzubringen“, hieß es.