EU plant Abwehrmechanismen gegen Chinesische Windenergieunternehmen

Chinesische Turbinenhersteller sind eine existenzielle Gefahr für die angeschlagene Windbranche in Europa

3.10.2023, 19:00
Eulerpool News 3. Okt. 2023, 19:00

Chinesische Turbinenhersteller werben mit Kampfpreisen - eine existenzielle Gefahr für die angeschlagene Windbranche in Europa. Die Expansion chinesischer Turbinenhersteller bedroht die ohnehin schon angeschlagene europäische Windindustrie und ruft die Europäische Union auf den Plan.

Der chinesische Maschinenbauer Sany plant, gleich sechs europäische Standorte für den Bau von Windanlagen aufzurüsten. Auch der Turbinenhersteller Envision errichtet seine Europazentrale in Spanien und der chinesische Staatskonzern CRRC ist auf Kundenfang.

Die EU-Kommission reagiert alarmiert und bereitet ein Hilfsprogramm für die heimische Windbranche vor.

Die Behörde plant, neben einer Unterstützung der Unternehmen durch die Europäische Investitionsbank und schnelleren Genehmigungsverfahren, die Mitgliedstaaten dazu zu bringen, bei Auktionen für Windparks nicht nur auf den Preis zu achten. Stattdessen soll zukünftig das Prinzip der „Wirtschaftssicherheit“ berücksichtigt werden.

Dies bedeutet, dass keine neuen Abhängigkeiten von China entstehen sollen. Im Klartext heißt das, dass heimische Produzenten beim Bau neuer Windparks bevorzugt werden sollen. „Im Moment sind chinesische Turbinen in Europa noch die Ausnahme. Aber das wird kommen“, warnt Jürgen Zeschky, Chef des deutschen Windkonzerns Enercon.

Die chinesische Konkurrenz wirbt derzeit mit Preisen deutlich unter dem gängigen Marktwert und wird von Zeschky dafür kritisiert, dass sie dramatisch subventioniert werden. Die Kommission geht diesen Vorwürfen nach und sammelt Hinweise auf rechtswidrige Beihilfen. Allerdings halten Schutzzölle die Brüsseler Beamten derzeit für kein geeignetes Mittel.

Mitte September fand in Husum, einem kleinen Küstenort im Norden Deutschlands, eine Revolution statt, die bislang kaum beachtet wurde. Auf einem Treffen der europäischen Windindustrie waren erstmals auch Turbinenhersteller aus China vertreten.

Noch spielen sie in Europa eine untergeordnete Rolle, aber sie haben große Ambitionen und drängen mit Kampfpreisen in den Markt. „2026 wollen wir unsere Kunden in Europa komplett mit lokal gefertigten Windturbinen versorgen“, sagt Haijun Deng, Europachef bei Sany, dem chinesischen Maschinenbauer und einem der größten Windturbinenhersteller der Welt. Das Unternehmen plant, in den kommenden Jahren 300 Millionen Euro in die Erweiterung seines Windgeschäfts in Europa zu investieren.

Obwohl noch keine Turbine in Europa aufgestellt wurde und 95 Prozent des Umsatzes in China erzielt werden, wächst in Berlin und Brüssel die Sorge, dass der europäischen Windindustrie das gleiche Schicksal droht, das vor zehn Jahren die Solarbranche ereilte: die Verdrängung durch günstigere Konkurrenz aus China.

„Wir führen aktuell viele Gespräche, die Nachfrage aus Europa ist groß“, betont Deng. Besonders groß sei das Interesse aus Deutschland. Einige Projektentwickler bestätigen, dass sie derzeit auch Angebote von Sany für neue Windparks einholen. „Europa macht 30 Prozent des weltweiten Windmarktes aus. Das ist eine Riesenchance für uns“, erklärt Deng die Expansionspläne des Unternehmens.

Und Sany ist nur einer von etlichen chinesischen Turbinenherstellern, die an der Energiewende in Europa teilhaben und davon profitieren wollen. Auch Goldwind und Envision bringen sich in Stellung.

Die Windkraft hat für Europa strategische Bedeutung. Die grüne Transformation ist das wichtigste Projekt von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Dabei geht es nicht nur um den Klimaschutz, sondern auch um die Stärkung der Souveränität Europas: Erneuerbare Energien sollen den Kontinent aus der Abhängigkeit von fossilen Autokratien wie Russland befreien.

Windturbinen spielen eine Schlüsselrolle dabei. In ihrer jüngsten Rede zur Lage Europas kündigte von der Leyen Maßnahmen zur Stabilisierung der Windbranche an. Die zentralen Punkte sind bereits ausgearbeitet und werden Ende Oktober vorgestellt.

Ein Vorschlag ist, Finanzinstrumente der Europäischen Investitionsbank zu nutzen, um die Verlustrisiken für Investoren einzuschränken. Die Windbranche ist stärker auf externe Geldgeber angewiesen als beispielsweise die Autoindustrie, so die Erläuterung aus Brüssel.

Außerdem plant die Kommission, Genehmigungsverfahren für Windparks zu beschleunigen, damit die angeschlagenen Unternehmen möglichst schnell neue Aufträge erhalten. Das wichtigste Element des sogenannten "Windpakets" sind jedoch die Empfehlungen für Auktionen. Dabei soll nicht nur der Preis, sondern auch die Herkunft der Anbieter eine Rolle spielen, um zu verhindern, dass die EU von der Abhängigkeit von russischen Brennstoffen in eine Abhängigkeit von chinesischen Clean-Tech-Produkten gerät.

Dies steht im Einklang mit dem Konzept der Wirtschaftssicherheit, das Kommissionschefin von der Leyen propagiert. In Brüssel wird der Vorwurf, in Protektionismus abzudriften, scharf zurückgewiesen. Ziel sei vielmehr, Wettbewerbsgleichheit mit einem staatskapitalistischen System herzustellen. „Wir haben nicht vergessen, wie sich Chinas unfaire Handelspraktiken auf unsere Solarindustrie ausgewirkt haben“, stellte von der Leyen kürzlich klar.

Vor einigen Jahren waren Chinas Windkonzerne hauptsächlich auf den heimischen Markt konzentriert. Doch sinkende Fördermittel, ein zunehmender Preiskampf und die Wachstumsschwäche der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt haben die Gewinne chinesischer Hersteller geschmälert.

Aus diesem Grund suchen sie nun verstärkt Expansionsmöglichkeiten auf anderen Märkten, vor allem in Asien und Europa. Laut Angaben der chinesischen Zollbehörde ist die Nachfrage nach Bauteilen für Windkraftwerke aus China auf Auslandsmärkten seit dem vergangenen Jahr stark gestiegen.

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