Europas Rüstungsaktien haben in den vergangenen Wochen deutlich zugelegt, während die Kurse amerikanischer Waffenkonzerne spürbar unter Druck geraten sind. Hintergrund sind die Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump, die Pentagon-Ausgaben zu reduzieren und zugleich auf eine stärkere Verteidigungslast Europas zu pochen. Diese gegensätzlichen Vorzeichen treiben eine bislang ungewohnte Dynamik: Rheinmetall und Leonardo stiegen jeweils zweistellig, während US-Konzerne wie Lockheed Martin oder Northrop Grumman an Wert verloren.
Rüstungsfirmen aus Deutschland, Italien und anderen europäischen Staaten profitieren von der Erwartung, dass europäische Regierungen mehr Geld in Verteidigung und Sicherheit stecken – erst recht seit Trumps unverhohlener Drohung, Europas Schutz durch die USA zurückzufahren. So rückt die Verantwortung für eigene Verteidigungsausgaben stärker in den Fokus, was Börsianer auf weitere Aufträge und Umsatzpotenzial setzt. „Die politische Signalwirkung war eindeutig“, heißt es bei Capital Alpha Partners: „Europas Staaten können sich auf die US-Unterstützung nicht dauerhaft verlassen.“
Auf der anderen Seite sind die großen US-Unternehmen vorerst verunsichert. Das Pentagon muss nach Vorgaben der neuen Trump-Administration etwa 8 Prozent – rund 50 Mrd. US-Dollar – an Budgetkürzungen im kommenden Haushaltsjahr vornehmen, mit Option für zusätzliche Einsparungen in den Folgejahren. Entscheidend ist dabei, ob diese Einschnitte eher Personalkosten treffen oder Großprojekte wie Waffensysteme und Forschung. Analysten gehen davon aus, dass zumindest ein Teil der Kürzungen auf Beschaffungsprogramme durchschlagen wird, womit sich auch Margen und Auftragsvolumen für „primes“ wie Raytheon, General Dynamics oder Northrop Grumman verringern könnten.
Unternehmen wie Palantir oder Anduril, die auf KI- und Software-Lösungen für militärische Zwecke spezialisiert sind, verzeichnen bereits Kursgewinne dank eines engen Drahts zu Trump und seinem Regierungsteam. Beobachter sprechen von einer potenziellen „Umverteilung“ innerhalb des Verteidigungsbudgets, weg von klassischen Rüstungssystemen hin zu cyber- und KI-getriebenen Anwendungen.
Wie nachhaltig dieses Szenario sein wird, bleibt offen. Zwar herrscht bei US-Kongressabgeordneten „breit geteilte Unterstützung für ein starkes Militär“, betonte Raytheon-Konzernchefin Chris Calio jüngst. Doch Fakt ist, dass die öffentlichen Diskussionen rund um Einsparungen, verschobene Vertragsvergaben oder mögliche Programmkürzungen die Planung der traditionellen US-Rüstungshersteller erschweren. Europäische Konzerne dagegen planen wegen der absehbaren Ausgabensteigerungen forciert Produktionserweiterungen oder neue Kooperationen – zumal sich das Bedrohungsumfeld aufgrund globaler Spannungen nicht entspannt.
Nordrop-Grumman-Chefin Kathy Warden dämpfte jüngst die Erwartungen für das erste Quartal 2025 mit Verweis auf ausstehende Haushaltsbeschlüsse: „Angesichts des Wechsels in der Administration kann es zu Verzögerungen bei Vertragsvergaben kommen.“ Die echten Wachstumsperspektiven, so Warden, würden erst „im weiteren Jahresverlauf sichtbar.“
Dennoch könnte die US-Rüstungsindustrie durch die geopolitischen Risiken auch wieder gestärkt werden, meint Byron Callan von Capital Alpha Partners. „Die Weltlage ist konstruktiv für Verteidigungsprojekte, aber die rigiden Sparpläne der Trump-Regierung sind ein großer Unsicherheitsfaktor“, so Callan. In Europa dagegen sind die Aussichten nun deutlich freundlicher: Die jüngste Aufstockung der Verteidigungshaushalte und das seit 2022 neu entfachte sicherheitspolitische Bewusstsein versprechen steigende Investitionen in Panzer, Luftrüstung und andere Militärtechnologien.