Château Kollaps: Warum der Fine-Wine-Markt jetzt im Katermodus ist

Der Absturz der edlen Tropfen: Wie Burgunder, Bordeaux und Champagner ihren Glanz verlieren

27.12.2024, 10:00
Eulerpool News 27. Dez. 2024, 10:00

Die Welt des Fine-Wine-Investments – einst der Champagner unter den alternativen Anlageklassen – steht am Scheideweg. Nach Jahren des Booms fällt der Korken jetzt zu Boden: Preise für erstklassige Burgunder und Vintage-Champagner rauschen in den Keller, während der Bordeaux-Markt sich in einem Fass ohne Boden wiederfindet. Und der Hauptschuldige? Schwächelnde Nachfrage aus China, verbunden mit einem globalen wirtschaftlichen Gegenwind.

Der Rausch der Pandemie und das böse Erwachen

Noch vor wenigen Jahren glänzte der Markt für Fine Wine wie ein perfekt gereifter Grand Cru. Während der Pandemie, als Restaurants geschlossen waren und die Welt zu Hause verweilte, strömten private Anleger in Scharen in den Markt. Die Nachfrage trieb Preise für Burgunder und Vintage-Champagner in astronomische Höhen. Ein gut gelagerter Jahrgang Champagner konnte zeitweise die Performance von Tech-Aktien schlagen – ein verführerisches Versprechen in Krisenzeiten.

Doch dieser Höhenflug war zu steil, sagen Brancheninsider wie Callum Woodcock, CEO der Investmentplattform WineFi. „Dieser Bärenmarkt war längst überfällig. Die Preise stiegen zu schnell, zu hoch.“ Die Ernüchterung begann 2023 und zieht sich ins Jahr 2024, wobei das jüngste Jahr von einem Preisrückgang von 14,4 % bei Burgundern und 9,8 % bei Champagner geprägt ist, so der Liv-ex Burgundy 150 Index.

China bremst – und der Markt schwankt

Chinas Appetit auf edle Tropfen scheint versiegt. Das einstige Zentrum der Nachfrage sieht sich mit einer schwächelnden Wirtschaft konfrontiert, und Luxusgüter wie Fine Wine sind unter den ersten, die von der Einkaufsliste gestrichen werden. „Asiatische Sammler verkaufen jetzt sogar, was die Preise weiter drückt“, bemerkt ein Branchenexperte.

Für Investoren, die Fine Wine als Diversifikation nutzten, ist die aktuelle Lage nicht minder bitter. Steigende Zinsen und eine unsichere globale Wirtschaftslage haben das Interesse an renditelosen Assets wie Wein stark gedämpft.

Jahrgänge, die ins Straucheln geraten

Die Verluste lesen sich wie eine Liste einstiger Stars: Château Lafite Rothschilds Carruades de Lafite 2021 verlor 29 % seines Wertes, die 2012er Ausgabe sogar 42 %. Bei den Burgundern trifft es den Bonnes Mares Grand Cru 2020 von Domaine Georges Roumier, dessen Preis um 44 % einbrach. Und selbst die Perlen unter den Champagnern wie Louis Roederers 2015er Jahrgang fielen fast 17 % im Preis.

Die Rückgänge machen auch vor der Zukunft nicht halt. Tom Burchfield, Marktanalyst bei Liv-ex, beschreibt den Bordeaux-Jahrgang 2024 als „absolut katastrophal“, geplagt von Mehltau, Regen und niedrigen Temperaturen. Die bevorstehende en primeur-Kampagne droht zum Desaster zu werden, da Kunden lieber ausgereifte Weine zu günstigeren Preisen auf dem Sekundärmarkt kaufen.

Die andere Seite des Kellers: Schnäppchenjäger sind unterwegs

Doch während viele Produzenten und Investoren mit einem Kater zurückbleiben, sehen andere in der aktuellen Marktsituation eine Gelegenheit. Gregory Swartberg von Cru Wine bezeichnet die momentanen Preise als „beispiellos“ und empfiehlt seinen Kunden, auf Top-Jahrgänge wie Krug 1996 und Dom Pérignon 1996 zu setzen. Auch Bordeaux-Jahrgänge wie 2000, 2005 und 2009 seien aktuell günstig zu haben und bieten langfristiges Potenzial.

„Mehr und mehr Menschen nutzen die Marktkorrektur aus“, sagt Swartberg. Weine, die vor zwei Jahren noch unerschwinglich waren, erscheinen heute wie ein Schnäppchen.

Zwischen Bewunderung und Unsicherheit

Die Branche steht vor großen Herausforderungen, von globaler Unsicherheit bis hin zu klimatischen Veränderungen, die Ernten erschweren. Doch trotz aller Widrigkeiten bleibt der Charme des Fine-Wine-Markts für viele ungebrochen – sei es als Statussymbol, Spekulationsobjekt oder schlicht als Genussmittel. Vielleicht liegt der wahre Wert eines großen Jahrgangs ja doch nicht im Preis, sondern in der Geschichte, die er erzählt.

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