In der Gesundheitsbranche Deutschlands zeichnet sich ein beunruhigendes Bild: Ein wachsendes Kliniksterben, steigende Insolvenzzahlen und überfüllte Notaufnahmen. Die Branche ist in Aufruhr, doch wie kritisch ist die Lage wirklich?
Trotz kürzlich im Bundestag beschlossener Hilfsmaßnahmen durch das Krankenhaustransparenzgesetz bleibt die Sorge bestehen. Dieses Gesetz soll zwar die Liquidität der Krankenhäuser um schätzungsweise fünf Milliarden Euro verbessern, aber Gerald Gaß, der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), warnt vor einer „allgegenwärtigen Insolvenzgefahr“.
In Zahlen ausgedrückt, ist die Insolvenzrate in der Tat alarmierend: Seit dem vergangenen November ist sie auf 28 Träger und 36 Einrichtungen gestiegen. Jedoch, gemessen an den rund 1.900 Krankenhäusern in Deutschland, ist nur ein kleiner Teil tatsächlich von einer Insolvenz betroffen.
Rainer Eckert, ein Rechtsanwalt, der insolvente Krankenhäuser berät, stellt fest: „Die Insolvenz kann in vielen Fällen sogar ein Segen sein“. Restrukturierungen könnten nun umgesetzt werden, die zuvor nicht möglich waren. Doch Thomas Lemke, CEO der privaten Sana Kliniken AG, hat eine weniger optimistische Sichtweise und betont, dass in immer mehr Fällen keine Rettungsinteressenten gefunden werden können.
Einer der Hauptgründe für die finanziellen Schwierigkeiten ist die Diskrepanz zwischen Betriebskosten und Vergütungssätzen. Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Krankenhausbetreibers Agaplesion, unterstreicht dieses Problem: „Die Patientenzahlen liegen um fünf Prozent unter dem Niveau von 2019, während die Betriebskosten um mehr als zehn Prozent gestiegen sind“.
Hinzu kommt die Tatsache, dass viele Krankenhäuser in Deutschland nicht in optimalem Zustand sind. Die notwendige Sanierung würde mehr als 50 Milliarden Euro kosten, eine Summe, die weit über dem bisherigen Investitionsniveau der Bundesländer liegt.
Die Reformvorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sollen hier Abhilfe schaffen, aber viele befürchten, dass viele Einrichtungen bis dahin nicht überleben werden. Lauterbach selbst warnt, dass ohne Reform 25 Prozent der Einrichtungen von einer Insolvenz bedroht wären.
Doch Rechtsanwalt Eckert ist skeptisch gegenüber den Reformen und betont, dass sie ihre Ziele verfehlen könnten: „Die fehlenden Investitionen der Länder werden nicht kompensiert, und das Thema Bürokratie, das enorme Gelder verschlingt, wird komplett ausgeblendet“.
Inmitten dieser Krise sind sich viele Experten einig: Eine dringende und umfassende Reform der Krankenhausbranche ist unerlässlich, um die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu sichern und zukunftsfähig zu gestalten.