Ein Jahr nach der Ankündigung seines „radikalen neuen Betriebsmodells“ steht Bayer-Chef Bill Anderson zunehmend unter Druck. Die Aktie des Chemie- und Pharmakonzerns hat sich seit seinem Amtsantritt im Juni 2023 mehr als halbiert und notierte am Montag bei 23,96 Euro – weit entfernt von den 52,61 Euro zu Beginn seiner Amtszeit.
Während Bayer am Mittwoch die Fortschritte seiner Umstrukturierung zusammen mit den Jahresergebnissen präsentieren wird, bleiben Investoren skeptisch. Neben internen Herausforderungen wie dem Umbau des Managements belasten milliardenschwere Glyphosat-Klagen in den USA, der Verlust von Pharmapatenten und eine schwächelnde Agrarsparte das Unternehmen.
Die von Anderson vorangetriebene Transformation, die bereits 5.500 Stellen – vor allem im Management – gekostet hat, soll Entscheidungsprozesse beschleunigen und bis 2026 jährlich 2 Milliarden Euro einsparen. Laut einer internen Umfrage arbeiten inzwischen 76 Prozent der Bayer-Beschäftigten in der neuen Struktur, verglichen mit nur 12 Prozent Mitte 2024.
Doch Analysten erwarten weiterhin sinkende Umsätze und Gewinne: Für 2025 wird ein Rückgang der Erlöse von 47,6 auf 46,1 Milliarden Euro prognostiziert, während das bereinigte EBITDA von 11,7 auf 9,4 Milliarden Euro fallen könnte.
Besonders problematisch ist der Patentablauf von Xarelto, einem Blutverdünner, der einst über 10 Prozent des Pharmageschäfts ausmachte. Während Bayer mit Nubeqa (Prostatakrebs) und Kerendia (chronische Nierenerkrankung) neue Hoffnungsträger hat, können diese den Umsatzrückgang nicht vollständig kompensieren. Auch das Agrargeschäft leidet unter schwacher Nachfrage in Lateinamerika und günstigeren Konkurrenzprodukten.
Zusätzlich drohen neue Milliardenrisiken durch Klagen in den USA. Neben laufenden Verfahren zu Glyphosat sieht sich Bayer Vorwürfen ausgesetzt, dass Monsanto-Chemikalien Gesundheitsprobleme in US-Schulen verursacht hätten. Analysten warnen, dass ein ungünstiges Gerichtsurteil den Konzern weiter unter Druck setzen könnte.
Während einige Investoren wie Union Investment Andersons Reformansatz unterstützen, kritisiert Deka-Investment-Manager Ingo Speich, dass Bayer sich zunächst um operative Probleme hätte kümmern müssen, bevor eine tiefgreifende Organisationsreform gestartet wurde. „Die nächsten zwölf Monate werden entscheidend“, sagte Speich.