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Europas Banken-Liebesdrama: Fusionen am Horizont oder nur heiße Luft

Warum sich Europas Banken endlich zusammentun könnten – und warum viele Deals dennoch scheitern werden

Eulerpool News 24. Dez. 2024, 01:11

Europas Bankenlandschaft: Ein Jahrzehnt voller leerer Versprechen
Seit über zehn Jahren wird eine große Welle von Bankenfusionen und Übernahmen in Europa angekündigt – ohne dass sie jemals Realität wurde. Doch jetzt scheinen die Sterne günstig zu stehen: Niedrige Zinsen, gestärkte Bilanzen und politische Unterstützung schaffen die perfekten Bedingungen für eine Konsolidierung. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Vielleicht, denn die Realität ist komplizierter.

Die Bühne ist bereit – zumindest auf den ersten Blick
Nach den Turbulenzen der globalen Finanzkrise und der europäischen Schuldenkrise haben viele Banken ihre Kapitalpolster massiv gestärkt. Namen wie UniCredit, BNP Paribas und sogar Deutsche Bank kaufen Aktien zurück – ein Zeichen für überschüssiges Eigenkapital. Auch die jahrelangen regulatorischen Hürden mit ständig steigenden Kapitalanforderungen sind endlich überwunden.

Niedrigere Zinsen tragen ebenfalls zur Fusionseuphorie bei. Banken könnten durch Zusammenschlüsse Skaleneffekte erzielen, ineffiziente Strukturen abbauen und sich technologisch besser aufstellen. Besonders spannend: Die aktuell niedrigen Bewertungen vieler Bankaktien ermöglichen Käufern einen sofortigen Buchgewinn – sogenanntes „Badwill“, wenn der Markt eine Bank unter ihrem Eigenkapitalwert bewertet. Laut Schätzungen von Eulerpool schlummert hier ein Potenzial von über 400 Milliarden Euro.

Klingende Namen, knifflige Deals
Einige potenzielle Fusionen stehen bereits in den Startlöchern. Die spanische Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) hat ein Auge auf Banco de Sabadell geworfen – allerdings drohen politische Hürden in der katalanischen Region. UniCredits Interesse an der deutschen Commerzbank hingegen hängt von den politischen Winden ab, während eine Übernahme von Banco BPM in Italien durch komplizierte Querverbindungen erschwert wird.

Dann wäre da noch das französische Schwergewicht Société Générale (SocGen). Mit über 50 Milliarden Euro an potenziellem „Badwill“ ist sie ein besonders lukrativer Übernahmekandidat. Doch wer könnte zugreifen? BNP Paribas hat sich auf den Versicherungs- und Vermögensverwaltungsmarkt konzentriert. Deutsche Bank? CEO Christian Sewing hat klargemacht, dass sein Fokus auf internen Verbesserungen liegt – und dass er die riskanten Geschäftsfelder von SocGen bewusst gemieden hat.

Das italienische Drama um UniCredit
Andrea Orcel, der Chef von UniCredit, ist der Protagonist in einem der komplexesten Bankendramen Europas. Seine potenziellen Partner reichen von Banco BPM über Monte dei Paschi bis hin zur Commerzbank. Doch jede Option bringt eigene Herausforderungen: Nationale Stolzfragen in Deutschland, politische Verwicklungen in Italien und Konkurrenz durch andere Akteure wie Credit Agricole, die ihre Interessen zu wahren wissen.

Warum nationale Deals einfacher sind
Eine grenzüberschreitende Fusion bleibt schwierig, trotz Unterstützung durch Politiker wie Emmanuel Macron. Nationale Regierungen wollen Arbeitsplätze schützen und die Kreditversorgung für heimische Unternehmen sichern. Das bedeutet, dass Übernahmen im eigenen Land oft schneller und profitabler sind.

So bleibt Deutschland mit seinen ineffizienten Geschäftsbanken ein attraktiver Markt für Konsolidierung: Die Kombination aus Deutsche Bank und Commerzbank, so unsexy sie klingen mag, könnte langfristig enorme Effizienzgewinne bringen. Ähnlich in Italien: Ein Zusammenschluss von UniCredit mit Banco BPM oder Monte dei Paschi könnte einen neuen Riesen schaffen.

Europa bleibt ein Flickenteppich
Trotz aller Fantasien über eine einheitliche Bankenlandschaft bleibt Europa ein schwieriges Pflaster. Ohne eine echte Kapitalmarktunion und harmonisierte Regeln bleibt die grenzüberschreitende Konsolidierung ein Minenfeld. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum das Liebesdrama der europäischen Bankenlandschaft wohl noch viele Staffeln weitergeht.

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