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Volkswagen rettet sich vor Werksschließungen: Was steckt hinter dem Milliarden-Deal

Ein Deal mit Signalwirkung: VW sichert Arbeitsplätze und reduziert Kapazitäten in Deutschland, während der Kampf um Marktanteile weltweit tobt

Eulerpool News 21. Dez. 2024, 04:30

Volkswagen, Deutschlands größter Autobauer, hat in einer 70-stündigen Verhandlungsnacht ein milliardenschweres Abkommen mit dem Betriebsrat geschlossen, das die Zukunft des Unternehmens und seiner deutschen Werke neu definiert. Die Botschaft: Es gibt Einschnitte, aber keine Werksschließungen. Und das in einem Umfeld, das härter kaum sein könnte.

Kapazitätsabbau statt Kahlschlag: Wie VW 4 Milliarden Euro sparen will

„Kein Standort wird geschlossen, niemand wird entlassen“, versicherte Daniela Cavallo, Vorsitzende des mächtigen VW-Betriebsrats, am Freitag. Doch hinter dieser beruhigenden Fassade steckt eine Vereinbarung mit weitreichenden Konsequenzen: Die Produktionskapazität in fünf deutschen Werken wird um 734.000 Fahrzeuge pro Jahr reduziert. Zusätzlich sollen 35.000 Stellen bis 2030 abgebaut werden – ohne betriebsbedingte Kündigungen. Das Rezept: freiwillige Abfindungen und Nichtbesetzung freiwerdender Stellen.

Mit dem Deal spart VW jährlich vier Milliarden Euro. Eine beachtliche Summe, die dringend benötigt wird, um dem Abwärtstrend in Europa und dem erbitterten Konkurrenzkampf in China zu begegnen.

Blumes riskantes Manöver: Erfolg oder Niederlage für den VW-Chef?

VW-Chef Oliver Blume bezeichnete die Einigung als „wichtiges Signal für die Zukunftsfähigkeit der Marke Volkswagen“. Doch hinter den Kulissen dürfte die Stimmung weniger euphorisch sein. Noch im September hatte Blume drastischere Maßnahmen angekündigt, darunter die Schließung von mindestens drei deutschen Werken. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat führten jedoch zu einem Kompromiss, der zwar Arbeitsplätze sichert, aber auch Blumes Autorität schwächt.

Seine Kritiker in Wolfsburg hatten hohe Erwartungen: Blume sollte schaffen, woran seine Vorgänger gescheitert sind – die Strukturen des Traditionskonzerns radikal zu verschlanken. Der mächtige Betriebsrat, der die Hälfte der Sitze im Aufsichtsrat kontrolliert, setzte jedoch Grenzen. Nach mehreren Streiks im Dezember wurde deutlich, dass die Belegschaft nicht vor drastischen Maßnahmen zurückschrecken würde.

Die Herausforderungen: Schrumpfende Märkte und chinesische Konkurrenz

VW steht unter immensem Druck. Der europäische Markt ist seit der Pandemie um 500.000 verkaufte Fahrzeuge pro Jahr geschrumpft. Noch schwerer wiegt jedoch der rapide Rückgang der Marktanteile in China, dem lukrativsten Markt des Konzerns. Innerhalb von fünf Jahren hat VW dort fast die Hälfte seiner Marktanteile verloren.

Gleichzeitig steigen chinesische E-Auto-Hersteller wie BYD aggressiv in den europäischen Markt ein – und gefährden VWs Stellung. Der Konzern setzt nun alles auf günstigere Elektrofahrzeuge, um sowohl in Europa als auch in China konkurrenzfähig zu bleiben.

Porsche-Piëch-Familie drängt auf Effizienz

Die Mehrheitsaktionäre, die Porsche-Piëch-Familie, haben in den vergangenen Monaten immer wieder ihren Wunsch nach härteren Kostensenkungen deutlich gemacht. Ihre Hauptsorge: sinkende Dividendenausschüttungen angesichts der anhaltenden Herausforderungen in der Automobilbranche.

Der aktuelle Deal könnte daher nur ein erster Schritt sein. Es bleibt fraglich, ob die erreichten Einsparungen ausreichen werden, um die Ertragslage langfristig zu stabilisieren – insbesondere, da VW weiterhin stark in die Entwicklung neuer Technologien investieren muss.

Die nächste Herausforderung: Die Elektro-Revolution

Mit der Umstellung auf Elektromobilität steht VW nicht nur vor einer technologischen, sondern auch vor einer kulturellen Revolution. Das Ziel: erschwingliche Elektrofahrzeuge, die den Erfolg der chinesischen Konkurrenz bremsen können. Doch die Entwicklung dieser Modelle ist kostspielig – und VW hat wenig Spielraum für Fehler.

Das Abkommen mit dem Betriebsrat verschafft dem Konzern Zeit, doch die eigentlichen Herausforderungen liegen erst noch vor ihm. Ob Blume am Ende als Sanierer oder als gescheiterter Reformer in die Geschichte eingeht, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Klar ist: Der Wettbewerb schläft nicht – und VW kann es sich nicht leisten, stehenzubleiben.

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