Die britische Pharmafirma AstraZeneca sieht sich in China mit einem ernsten Problem konfrontiert. Wie das Unternehmen bestätigte, wird eine „kleine Anzahl“ seiner Mitarbeiter von der Polizei in Shenzhen wegen möglicher Verstöße gegen Datenschutzgesetze und der Verbreitung nicht zugelassener Medikamente untersucht. Medienberichten zufolge sollen fünf aktuelle und ehemalige Angestellte des Unternehmens festgenommen worden sein.
Laut einem Bericht von Bloomberg wird den verhafteten chinesischen Staatsbürgern vorgeworfen, Patientendaten gesammelt und ein Leberkrebsmedikament vermarktet zu haben, das in China keine Zulassung hat. Die Verhaftungen sollen bereits im Sommer erfolgt sein, doch erst jetzt wurden Details der Ermittlungen bekannt.
AstraZeneca ist der größte ausländische Pharmakonzern in China und erzielte im vergangenen Jahr rund 5,9 Milliarden US-Dollar Umsatz in dem Land, was etwa 13 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmacht. Mit 16.000 Mitarbeitern in China hat das Unternehmen eine starke Präsenz und sieht den Markt als entscheidend für seine zukünftigen Wachstumsstrategien an. AstraZeneca äußerte sich jedoch nicht zu den Einzelheiten der laufenden Ermittlungen. Die Polizei in Shenzhen reagierte bislang nicht auf Anfragen.
AstraZeneca hat sich in den letzten Jahren verstärkt auf innovative Partnerschaften in China konzentriert, insbesondere angesichts der Schwierigkeiten, mit denen chinesische Biotech-Unternehmen bei der Finanzierung klinischer Studien konfrontiert sind. Im Dezember 2022 erwarb das Unternehmen das Zelltherapie-Unternehmen Gracell Biotechnologies für bis zu 1,2 Milliarden US-Dollar.
Dennoch war AstraZeneca in der Vergangenheit bereits mit chinesischen Behörden in Konflikt geraten. Im Jahr 2022 wurde bekannt, dass Mitarbeiter in Shenzhen Testberichte manipuliert hatten und verdächtigt wurden, Gelder aus dem medizinischen Versicherungssystem zu erschleichen.
Chinas weitreichende Anti-Korruptionskampagne, die sich auf den Gesundheitssektor konzentriert, hat auch die Pharmaindustrie ins Visier genommen. Dabei geht es vor allem um unrechtmäßige Zahlungen und den Missbrauch öffentlicher Mittel, die die Gesundheitskosten in die Höhe treiben. Zahlreiche hochrangige Beamte und Verantwortliche im Gesundheitswesen sind in den letzten Monaten im Rahmen dieser Maßnahmen ins Visier geraten.
Im Jahr 2014 hatte bereits der britische Pharmariese GSK eine Strafe von 297 Millionen Pfund zahlen müssen, nachdem bekannt wurde, dass das Unternehmen Ärzten Bestechungsgelder gezahlt hatte, um seine Medikamente zu fördern. Dies führte zu einer härteren Überwachung internationaler Pharmafirmen in China.