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Windkonzern-Schock: Verkauf der neuen Turbine fast gestoppt!

Siemens Energy plant erst einmal die Qualitätsprobleme bei der Tochter Siemens Games in den Griff zu bekommen

Eulerpool News 19. Sept. 2023, 17:00

Der Umgang mit den Qualitätsproblemen bei der Tochter von Siemens Energy hat den Konzern in eine tiefe Krise gestürzt.

Obwohl Siemens Gamesa auf der Messe Husum Wind seinen eigenen Stand hatte, ist der Konzern derzeit eher daran interessiert, die bestehenden Probleme zu lösen. Daher wurde das Neugeschäft mit der betroffenen Onshore-Turbine erst einmal ausgesetzt. Ein Sprecher des Siemens-Energy-Konzerns bestätigte diese Einstellung des Vertriebs und hob hervor, dass die absolute Priorität darin bestehe, die betroffenen Anlagen bei bereits bestehenden Kundenprojekten zu überarbeiten.

Da die Hersteller gegenseitig immer leistungsstärkere Turbinen auf dem Markt bringen, sehen sich die Kunden einem schwer kalkulierbaren Risiko ausgesetzt, da Zeit für Tests fehlt. Auch bei der Siemens Gamesa-Turbinen der Reihe X.5 waren erhöhte Ausfallraten der Komponenten erst im laufenden Betrieb aufgefallen. Siemens-Energy-Chef Christian Bruch räumte ein, dass man sich bei der Entwicklung unter Druck gesetzt und es etwas übereilt in den Markt gebracht hatte.

Doch nun steht Siemens Gamesa vor der Aufgabe, eine neue Anlage zu entwickeln, die dann noch zwei Jahre lang verkauft, gebaut und schließlich bezahlt werden muss. Der Konzern kann die zusätzlichen Belastungen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro nicht in unbegrenztem Maße schultern. CEO Christian Bruch muss daher im November eine überzeugende neue Strategie für die Windkraftsparte liefern. Hinzu kommen drohende Schadenersatzklagen aus den USA, weshalb man sich absolut nicht in noch mehr Ärger stürzen kann. Von den Kunden des Windkonzerns ist dieses Verhalten wenig vertrauenswürdig, das seien falsche Signale, so ein Brancheninsider auf der Messe Husum Wind.

Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt kommentierte das Problem mit den roten Zahlen der Hersteller und nannte viele Gründe wie gestiegene Rohstoffpreise, höhere Zinsen, schlecht verhandelte Verträge und nicht ausgelastete Fabriken. Doch die Kunden haben ein begründetes Misstrauen gegenüber kriselnden Turbinenherstellern und möchten für den Erwerb einer Windanlage fixe Zeitpläne garantiert bekommen. Daher wird Siemens Energy all die schwierigen Herausforderungen lösen müssen, um das Vertrauen seiner Kunden zurück zu gewinnen.

Konkurrenten könnten die Schwächephase von Siemens Gamesa nutzen: Chinesische Windturbinenhersteller waren auf dem diesjährigen Branchentreffen ein viel diskutiertes Thema. So hat etwa Sany einen der größeren Stände mit eindrucksvollen Videoleinwänden aufgebaut, obwohl der Hersteller noch nicht einmal eine einzige Turbine in Europa verkauft hat. Darüber hinaus könnten Klassiker wie Vestas, GE, Nordex oder Enercon Siemens Gamesa Marktanteile abnehmen, so dass Siemens-Energy-Chef Bruch am Kapitalmarkttag im November den Investoren erklären muss, was als Nächstes geplant ist.

Siemens-Energy-Chef Bruch hat bereits deutlich gemacht, dass er zur Windenergie im Konzern steht, gleichwohl könnten die Wachstumspläne zurechtgestutzt werden. Denn "jetzt müssen wir Siemens Gamesa zuerst mal stabilisieren”, kündigte Bruch im Interview an. Ermittelt werde derzeit noch an einer neuen Strategie. Aber auch die bisherigen Probleme werden den Konzern noch länger beschäftigen: Aus den USA drohen Sammelklagen wegen des Debakels, wie Insider berichten.

Obwohl das spezifische Gefahrenrisiko gemäß Unternehmenskreisen als gering eingestuft wird, ist die Nervosität groß. Einigen Aufsichtsräten bereiten die möglichen Haftungsrisiken für Gremium oder seine Mitglieder Sorge, wie aus dem Umfeld des Aufsichtsrats bekannt wurde. Deshalb wurden auf den Aufsichtsratssitzung im August viele kritische Rückfragen seitens Kapitalseite und von Seiten der Arbeitnehmer gestellt. Theoretisch könnten gegen Siemens Energy aus verschiedenen Gründen Klagen erhoben werden, beispielsweise wegen der Umsetzung der spanischen Börsenregeln im Rahmen des Preises für die Komplettübernahme von Gamesa oder aber wegen möglicher Verstöße gegen Ad-hoc-Regeln.

Laut Insidern wurden jedoch keine Vorschriften missachtet, zudem habe Siemens Energy so früh wie möglich auf mögliche Belastungen hingewiesen. Im Gespräch mit dem Handelsblatt wies Bruch darauf hin: „Der Prozess der Übernahme lief (...) sehr gründlich und professionell“ und betonte, dass er weiterhin zu seiner Entscheidung stehe, die Windkrafttochter zu komplett übernehmen und zu integrieren. Unter enormen Druck steht der CEO aber vor allem vor der Aufgabe, keine unerwarteten Belastungen mehr auftreten zu lassen. Obwohl Siemens-Chef Roland Busch bekräftigt hat, dass Bruch der Richtige für Siemens Energy ist, lebt der CEO auf Bewährung, wie Insidern zu entnehmen ist.

Das Kontrollgremium steht zu dem CEO, der in anderen Bereichen wie der Kraftwerkssparte Restrukturierungserfolge vorweisen kann. Auch müsse Bruchs neue Windstrategie tatsächlich aufgehen, um weiterhin im Amt zu bleiben. Die beiden seien zudem sehr unterschiedliche Typen, wie ein Aufsichtsrat betont. Bruchs sachlich-cole Art sei nicht jedermanns Sache, vor allem nicht in Zeiten der Krise.

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