Siemens verlangt Preisnachlass für indische Tochterfirma

6.11.2023, 19:13

Insidern zufolge beabsichtigt die Siemens AG, ihre Beteiligung an Siemens Energy zu erhöhen.

Siemens plant den Erwerb weiterer Aktien der indischen Siemens Ltd von Siemens Energy zu einem Abschlag auf den Börsenkurs, berichten Insidern. Die Verhandlungen zwischen beiden Unternehmen sind bereits weit fortgeschritten. Dabei peilt Siemens einen Preis an, der etwa 15 Prozent unter dem Börsenkurs von Siemens Ltd in den vergangenen Monaten liegt, so Insider. Offiziell wollen sich weder Siemens noch Siemens Energy zu den Verhandlungen äußern.

Die Entflechtung des Indien-Geschäfts stand schon lange auf der Agenda, da Siemens Ltd beim Börsengang von Siemens Energy 2020 nicht aufgeteilt wurde. Stattdessen beteiligte sich Siemens Energy mit 24 Prozent am Unternehmen, während Siemens AG die Mehrheit von 51 Prozent behielt. Das Indien-Geschäft umfasst Aktivitäten beider Unternehmen auf dem indischen Subkontinent, wobei der Großteil bei der Siemens AG verbliebenen Sparten liegt. Doch auch Siemens Energy profitiert von Gewinnen aus dem Verkauf von Zügen und öffentlicher Infrastruktur. Seit der Aufspaltung hat sich der Kurs von Siemens Ltd. verdoppelt und einen Großteil des Aktienpakets könnte nun an Siemens gehen.

Das Paket von Siemens Energy ist rund288 Milliarden indische Rupien (umgerechnet 3,2 Milliarden Euro) wert und entspricht fast dem 40-fachen des operativen Gewinns (Ebitda). Zum Vergleich: Bei Siemens liegt das Verhältnis unter zehn. Gemäß des Gesellschaftervertrags ist ein Verkauf der Anteile nur mit gegenseitiger Zustimmung möglich. Siemens Energy hatte bei der Bundesregierung um Garantien für künftige Projekte angefragt, da die Banken ihre Kreditvergabe aufgrund der schlechteren Bonität des Unternehmens und einem Auftragsbuch von über 100 Milliarden Euro reduzieren wollen.

Die Politik fordert jedoch eine Beteiligung von Großaktionär Siemens, der noch 25,1 Prozent der Anteile an Siemens Energy hält. Doch Siemens ziert sich, da eine erneute Verflechtung mit der abgespaltenen Tochter unerwünscht ist. Durch den Verkauf der Indien-Anteile könnte Siemens Energy seine Kapitaldecke aufbessern und wieder mehr Kredit von den Banken erhalten. Gleichzeitig hätte Siemens AG möglicherweise die Möglichkeit, seine Beteiligung an Siemens Energy zu reduzieren und somit das Risiko zu minimieren.

Allerdings hat Siemens AG keinen Anspruch auf Schadensersatz nach der Niederlage im Wettbewerb um ein Hochgeschwindigkeits-Zugprojekt in Großbritannien. Der Londoner High Court wies eine Klage von Siemens Mobility, der Zugsparte von Siemens, gegen die Betreibergesellschaft HS2 ab. Diese hatte den Auftrag zum Bau von 54 Zügen für die Hochgeschwindigkeits-Strecke von London nach Birmingham an die Siemens-Konkurrenten Bombardier (jetzt Alstom) und Hitachi vergeben. Teil des Auftrags ist zudem ein zwölfjähriger Wartungsvertrag. Richterin Finola O'Farrell entschied, dass Siemens nicht beweisen konnte, dass der Zuschlag unrechtmäßig war. Siemens hatte Zweifel daran geäußert, dass Bombardier und Hitachi die technischen Anforderungen für das Projekt erfüllen könnten und dass sie nur aufgrund ihres günstigeren Angebots den Zuschlag erhalten hätten. Ein Sprecher von Siemens Mobility zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung.

Ein HS2-Sprecher betonte jedoch, dass es bisher keine erfolgreiche Anfechtung von Aufträgen im Wert von mehr als 20 Milliarden Pfund für das Projekt gegeben habe. Alstom wollte sich zunächst nicht äußern, während Hitachi für eine Stellungnahme nicht erreichbar war.

Die 54 Züge sollen mit Geschwindigkeiten von bis zu 225 Meilen (360 Kilometer) pro Stunde von London nach Birmingham, der zweitgrößten Stadt Englands, fahren. Hitachi und Alstom werden sie in drei Werken in Großbritannien bauen. Ursprünglich sollte die Hochgeschwindigkeits-Strecke bis 2026 fertiggestellt werden und weiter in den Norden Englands nach Leeds und Manchester führen. Allerdings wurde der zweite Teil der Strecke im Oktober vom Premierminister Rishi Sunak gestrichen.

Die Siemens-Aktie stieg letztendlich um 0,89 Prozent auf 128,94 Euro über XETRA.

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