Ewigkeits-Chemikalien: Eine tickende Zeitbombe für die Versicherungsbranche

Eulerpool News
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Die Versicherungswelt könnte vor Ihrem größten finanziellen Schadensfall stehen – und der Grund dafür sind per- und polyflourierte Alkylsubstanzen, kurz PFAS. Diese extrem langlebigen Chemikalien, die schon den Beinamen „Ewigkeits-Chemikalien“ erhalten haben, stellen nach einer Studie der Landesbank LBBW eine größere Bedrohung dar als der berüchtigte Asbestskandal, wie Werner Schirmer, Versicherungsanalyst der LBBW, in einer jüngsten Analyse aufzeigt. Besonders deutlich wurde die Tragweite des Problems im Fall des US-Mischkonzerns 3M, der sich zu einer Entschädigungszahlung in Milliardenhöhe verpflichtet hat, nachdem Feuerlöschschäume, für deren Kontamination mit PFAS 3M verantwortlich gemacht wird, jahrzehntelang das Grundwasser verunreinigt hatten. Neben den Klagen von Wasserversorgern kommen zudem noch private Rechtsansprüche wegen Gesundheitsschäden und weiteren Schäden an natürlichen Ressourcen hinzu. PFAS findet man in Alltagsprodukten wie Kochgeschirr, Kosmetika und textilen Beschichtungen – diese Allgegenwart erhöht das Haftungspotenzial. Die Beratungsfirma Praedicat bewertet das Risiko ebenfalls als erheblich und sieht das Potenzial für Entschädigungssummen in den USA, die sich auf dreistellige Milliardenbeträge belaufen könnten. Während einige Versicherungsgesellschaften den Ausschluss von Umweltverschmutzung in ihren Haftpflichtverträgen bereits realisiert haben, bleibt die Prognose der sich abzeichnenden Schadenshöhe eine Herausforderung. Asbestfälle, die bislang das amerikanische Versicherungsgewerbe dominierten, beliefen sich bereits auf 100 Milliarden Dollar – eine Summe, die nun von PFAS-Schäden übertroffen werden könnte. In Erwartung, dass vor allem amerikanische Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, sieht Analyst Schirmer ebenfalls deutsche Konzerne wie BASF, die sich in den USA mit Tausenden von Klagen konfrontiert sehen, in der Verantwortung. Die genaue Betroffenheit europäischer Versicherer lässt sich bisher nur schwer absehen, laut Schirmer jedoch wird davon ausgegangen, dass Rückversicherer stärker in Mitleidenschaft gezogen werden als Erstversicherer. In diesem Kontext werden potenziell hohe Risiken für den Schweizer Rückversicherer Swiss Re antizipiert, gefolgt von den deutschen Schwergewichten Hannover Rück und Munich Re sowie Zurich. Auch der deutsche Talanx-Konzern, zu über 50 Prozent Eigentümer von Hannover Rück, könnte betroffen sein.