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Wall Street rutscht ab: Trumps 100%-Zollansage zerschießt Rekordlaune
Eskalation im Handelsstreit: Neue US-Zölle auf China-Importe und Exportkontrollen für Schlüsselsoftware schicken Aktien, Krypto und Dollar ins Minus – Gold und Volatilität ziehen an. Anleger fragen sich: Kommt der nächste „Taco-Trade“ oder eine längere Risk-Off-Phase?

Ein kurzer Post, große Wirkung: Mit der Ankündigung zusätzlicher US-Zölle von 100 % auf alle China-Importe ab 1. November und neuen Exportkontrollen für kritische Software hat US-Präsident Donald Trump den Rekordlauf an den Weltbörsen abrupt gestoppt. Der S&P 500 drehte nach zwischenzeitlicher Allzeithoch-Nähe scharf ins Minus (–2,7 %), die Nasdaq verlor –3,6 %. Parallel gaben Dollar und Bitcoin deutlich nach, während Gold wieder in Richtung seines jüngsten Rekordhochs oberhalb von 4.000 USD/Unze anzog.
Was den Rutsch auslöste
- Trumps Nachricht zielte direkt auf Pekings jüngste Exportrestriktionen für Seltene Erden – ein neuralgischer Punkt der Halbleiter- und Rüstungswertschöpfung.
- Nachbörslich präzisierte das Weiße Haus die Pläne: 100 %-Zölle plus restriktive Ausfuhrregeln für „wichtige Software“.
Marktreaktion im Schnelldurchlauf
- Aktien: Breiter Risk-Off-Move, angeführt von Tech. Zuvor noch freundlicher gehandelte KI-Zulieferer (u. a. Halbleiter, Quanten-/KI-Stories) wurden abverkauft.
- Devisen/Gold: Ungewöhnliches Tandem: Dollar schwach, Gold stark – ein Muster, das bereits am „Liberation Day“ im April zu sehen war.
- Krypto: Bitcoin –12 % intraday; Milliarden an gehebelten Positionen wurden liquidiert, der Wochengewinn war ausgelöscht.
„Neubewertung“ statt Mini-Delle?
Mehrere Häuser werten die Zollansage als Katalysator für eine Bewertungsprüfung: Nach Monaten, in denen KI-Storys Bewertungsprämien rechtfertigten, rücken nun Zollrisiken, Finanzierungsbedingungen, Inflationspfade und Lieferketten wieder stärker in den Vordergrund. Erwartet wird eine höhere Volatilität – über einzelne Sessions hinaus.
Der „Taco-Trade“ auf dem Prüfstand
Die Rally der letzten Monate fußte nicht zuletzt auf der Wette, Trump werde bei größeren Marktverwerfungen zurückrudern („Trump always chickens out“). Investoren müssen jetzt neu abwägen:
- Szenario A – Taktischer Rückzug: Verbalhart, praktisch softer. Kurzfristige Erholung, aber fragiler Unterbau.
- Szenario B – Durchziehen: 100 %-Zoll greift, Exportkontrollen bleiben. Margendruck in globalen Lieferketten, Earnings-Risiken und Stagflations-Narrativ gewinnen an Gewicht.
- Szenario C – Deal-Pfad: Lärm, dann Gesprächskanal. Seitwärtsphase mit hoher Intraday-Vola.
Chinas Hebel: Verarbeitung, nicht nur Förderung
Peking kontrolliert den Löwenanteil der Trennung/Raffination Seltener Erden – dem eigentlich knappen Teil der Kette. Zusätzliche Genehmigungspflichten und Kooperationsverbote mit Ausländern sind ein politökonomischer Druckpunkt auf US-Tech, Rüstung und Energiewende-Industrien. Parallel hat China eine Kartellprüfung gegen US-Chiphersteller angestoßen – ein Signal, dass Gegenmaßnahmen bereitliegen.
Asset-Implikationen (kurz & knackig)
- US-Tech/Chips: Höheres Policy-Beta. Zulieferer mit China-Exposure und REE-Abhängigkeiten sind am empfindlichsten.
- Industrie/Auto/Erneuerbare: Zollschock plus Materialengpässe treffen Kostenkalkulation und Projekt-IRRs.
- Edelmetalle: Gold profitiert von Dollarschwäche und Policy-Unsicherheit als „sauberer“ Hedge.
- FX: Ein wieder schwächerer USD trotz Risk-Off ist ein Vertrauenssignal – globale Allokatoren hedgen vermehrt gegen Dollar-Downside.
- Krypto: Liquidationsgefahr bleibt hoch; ETF-Zuflüsse müssen gegen Derivate-Abbau ankämpfen.
Politischer Fahrplan: Gipfel fraglich
Das anvisierte Treffen Trump–Xi am Rande des APEC-Formats Ende Oktober steht nach der Eskalation auf der Kippe. Aus Peking kamen harte Worte („Doppelmoral“, „einseitige Jurisdiktion“) und der Hinweis auf entschlossene Gegenreaktionen, falls Washington Kurs hält.






