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BGH-Urteil kippt VW-Deals: Vergleiche mit Versicherern und Ex-Managern stehen vor dem Aus

Der Bundesgerichtshof hat den milliardenschweren Vergleich zwischen Volkswagen und seinen Manager-Haftpflichtversicherern im Dieselskandal für nichtig erklärt – mit weitreichenden Folgen auch für die Deals mit Ex-Vorständen Martin Winterkorn und Rupert Stadler.

Eulerpool News 4. Okt. 2025, 07:01

Der Dieselskandal holt Volkswagen fast ein Jahrzehnt nach seinem Auffliegen mit voller Wucht ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag entschieden, dass der 2021 auf der Hauptversammlung abgesegnete Vergleich mit dem Konsortium aus 30 Manager-Versicherern unwirksam ist. Grund: VW habe seine Aktionäre nicht ausreichend über die weitreichenden Konsequenzen informiert.

Nichtig wegen fehlender Aufklärung

Der Vergleich sah Zahlungen von insgesamt 270 Millionen Euro vor, mit denen Volkswagen sich gegen mögliche Schadensersatzansprüche absichern wollte. Doch dabei hatte der Konzern auch auf Ansprüche gegen bis zu 170 aktuelle und ehemalige Organmitglieder verzichtet – ein entscheidendes Detail, das in der Einladung zur Hauptversammlung schlicht fehlte. Laut BGH ist dieser Informationsmangel so gravierend, dass die Aktionärszustimmung rechtlich keinen Bestand hat (Az. II ZR 154/23).

„Eine unklare oder unbestimmte Beschreibung von Tagesordnungspunkten genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen – dies ist kein Bagatellverstoß“, erklärte Rechtsanwalt Oliver Wilken, der die klagende Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) vertrat.

Millionen-Deals mit Ex-Vorständen wackeln

Mit dem Urteil geraten nun auch die persönlichen Haftungsvergleiche mit Ex-Vorständen ins Wanken. Ex-Konzernchef Martin Winterkorn und Ex-Audi-Chef Rupert Stadler hatten sich 2021 bereit erklärt, zusammen rund 15 Millionen Euro aus eigener Tasche beizusteuern (Winterkorn 11,2 Mio. €, Stadler 4,1 Mio. €). Ob diese Vereinbarungen Bestand haben, muss nun das Oberlandesgericht Celle neu verhandeln.

Volkswagen versucht derweil, Schadensbegrenzung zu betreiben. „Vorsorglich ist mit den Versicherern vereinbart worden, dass etwaige Rückforderungsansprüche vorerst nicht geltend gemacht werden“, teilte ein Sprecher mit. Der Konzern wolle die Gespräche „nach Analyse des Urteils“ fortsetzen.

Rückschlag für Aufsichtsrat und Aktionäre

Für VW ist das Urteil ein empfindlicher Rückschlag: Der Konzern hatte gehofft, das Kapitel Dieselskandal mit dem Versicherer-Vergleich „zügig, rechtssicher sowie endgültig“ abzuschließen. Stattdessen drohen nun neue, langwierige Verhandlungen – und womöglich eine erneute Hauptversammlung. Besonders für Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der die Vergleiche damals maßgeblich vorangetrieben hatte, ist das Urteil ein herber Rückschlag.

SdK-Vorstandsmitglied Markus Kienle begrüßte die Entscheidung dennoch ausdrücklich: „Die Richter haben deutlich gemacht, dass den Aktionären Informationen über wesentliche Regelungen eines sehr umfangreichen und komplexen Vertragswerkes nicht vorenthalten werden dürfen.“

Volkswagen muss nun nicht nur neu verhandeln, sondern auch verlorenes Vertrauen zurückgewinnen – bei Anlegern, Gerichten und der Öffentlichkeit. Sicher ist nach dem Urteil vor allem eines: Der Dieselskandal ist für Europas größten Autobauer längst nicht vorbei.

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