Ottawa zieht Digitalsteuer zurück – Freihandelsgespräche mit den USA sollen gerettet werden

Kanada stoppt seine Digitalsteuer in letzter Minute, um gescheiterte US-Handelsgespräche unter Trump wieder in Gang zu bringen.

30.6.2025, 17:05
Eulerpool News 30. Juni 2025, 17:05

Kurz vor dem Inkrafttreten stoppt Kanada überraschend seine Digitalsteuer auf US-Techkonzerneinnahmen – und versucht damit, die festgefahrenen Handelsgespräche mit Washington wiederzubeleben. Die Maßnahme sollte am Montag in Kraft treten und rückwirkend Umsätze ab 2022 erfassen. Der Schritt erfolgt nur zwei Tage, nachdem US-Präsident Donald Trump die Verhandlungen mit Ottawa einseitig abgebrochen hatte.

Das kanadische Finanzministerium kündigte am Sonntagabend an, die geplanten Steuereinzüge auszusetzen und ein Gesetz zur Rücknahme der Abgabe ins Parlament einzubringen. Hintergrund sei die Hoffnung auf ein „gegenseitig vorteilhaftes Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten“, so die offizielle Mitteilung.

Trump hatte sich bereits am Freitag auf seiner Plattform Truth Social empört über die Steuer geäußert, die US-Unternehmen wie Amazon, Meta und Alphabet betrifft, und die Gespräche mit Kanada für „beendet“ erklärt. Erst am Sonntagvormittag wiederholte er im US-Fernsehen seine Kritik: „Kanada ist sehr unangenehm im Umgang.“

Premierminister Mark Carney und Trump telefonierten am Sonntag. Ergebnis: Die Verhandlungen sollen wieder aufgenommen und bis spätestens 21. Juli abgeschlossen werden. Das Weiße Haus kommentierte den Vorstoß bislang nicht.

Die Digitalsteuer in Höhe von 3 % auf Erlöse aus digitalen Diensten in Kanada oder dem Verkauf kanadischer Nutzerdaten hatte in Washington breite Ablehnung ausgelöst – nicht nur bei Lobbygruppen, sondern auch auf Regierungsebene beider Parteien. US-Offizielle kritisierten, dass die Steuer überwiegend amerikanische Unternehmen betreffe. Ottawa hatte die Abgabe trotz internationaler Kritik im Juni bekräftigt und sich zunächst nicht gesprächsbereit gezeigt.

Wirtschaftlich steht für Kanada viel auf dem Spiel: Rund 20 % der Wirtschaftsleistung hängen direkt am Handel mit den USA. Die kanadische Konjunktur ist ohnehin angeschlagen – Analysten erwarten einen Rückgang des BIP im zweiten Quartal. Ein neues Handelsabkommen mit den USA gilt daher als dringend notwendig, nicht zuletzt zur Abschaffung von US-Zöllen auf kanadischen Stahl, Aluminium und Autos.

Die amerikanische Handelskammer in Kanada begrüßte die Kehrtwende: „Ein klares Signal zugunsten von Dialog und Fortschritt“, sagte CEO Rick Tachuk. Kritischer äußerte sich hingegen der Internetrechtler Michael Geist von der Universität Ottawa. Die Regierung habe über Jahre alle Warnungen ignoriert – und nun in letzter Minute die Notbremse gezogen. „Schlechter hätte man das kaum managen können.“

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