AI

Hängt Nvidia’s Zukunft an humanoiden Robotern?

Der Chip-Riese könnte die nächste Revolution im KI-Zeitalter anführen, aber lohnt sich der Sprung von Chips zu Körpern?

Eulerpool News 13. Nov. 2024, 13:46

Am Ende eines spektakulären Events betrat Jensen Huang, CEO von Nvidia, im gewohnten Lederlook die Bühne und blickte auf eine Reihe humanoider Roboter – als wären sie direkt einem Roman von Philip K. Dick entsprungen. Doch dann trat etwas Kleineres, Niedlicheres hervor: zwei kniehohe Roboter, die eher an Star Wars’ R2-D2 erinnerten und fröhlich piepsten.

Das nächste große Ding: Roboter, die die Welt „verstehen“

Huang spricht seit Monaten über eine Zukunft, in der Roboter dank künstlicher Intelligenz (KI) physikalische Gesetzmäßigkeiten verstehen und die Welt um sich herum interpretieren können. „Milliarden“ humanoider Roboter sollen in den kommenden Jahren in die Welt hinausgeschickt werden. Huang sieht das als das „nächste große Ding“ für KI. Und er will sicherstellen, dass Nvidia die Hardware für diese Roboter liefert.

Bisher hat Nvidia mit seinen KI-Chips, die für Deep Learning und generative KI benötigt werden, einen riesigen Markt erobert. Im zweiten Quartal 2024 meldete das Unternehmen einen Nettogewinn von über 16 Milliarden Dollar – ein Anstieg von fast 170 % im Vergleich zum Vorjahr. Allein die Tech-Giganten Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta sollen im dritten Quartal über 56 Milliarden Dollar für KI-Infrastruktur ausgegeben haben – vieles davon floss direkt in Nvidias Kassen.

Risiko der Abhängigkeit: Wenn KI-Chips nicht mehr gefragt sind

Doch so erfolgreich der Markt aktuell ist, so riskant ist auch die Abhängigkeit davon. Sollte die Nachfrage nach KI-Chips sinken oder einige dieser Großkunden eigene Chips entwickeln, könnte Nvidia schnell an Boden verlieren. In der zyklischen Halbleiterindustrie kennt man solche Boom-Bust-Zyklen nur allzu gut. Die heutige „unersättliche“ Nachfrage nach KI-Chips könnte schneller abflauen, als viele denken.

Die Antwort? Laut Gerüchten überlegt Nvidia, seine eigene Robotik-Plattform zu entwickeln. Der Plan wäre, auf Basis der leistungsstarken Grafikprozessoren (GPUs) und der Isaac-Software von Nvidia, die bereits von über 100 Firmen genutzt wird, eine eigene Robotik-Linie auf den Markt zu bringen. Der Vorteil wäre eine vollständige Kontrolle über den gesamten Technologie-Stack – ähnlich wie Apple das bei Smartphones macht. Doch in der Praxis könnte dieser Plan für Nvidia auch enorme Hürden mit sich bringen.

Warum Nvidia keine Roboter bauen sollte – und was es stattdessen tun könnte

Viele Experten sind skeptisch. David Reger, CEO des deutschen Robotik-Unternehmens NEURA Robotics, glaubt, dass es für Nvidia mehr Sinn macht, Partnerschaften mit großen Herstellern zu schmieden, statt eigene Roboter zu entwickeln. „Nvidia konzentriert sich darauf, neue Märkte für ihre Chips zu schaffen, nicht Roboter selbst zu bauen“, erklärt er. Der Einstieg in die Robotik könnte zudem Nvidias ohnehin schon stramme Margen belasten, die im dritten Quartal bei stolzen 55,3 % lagen. Antitrust-Regulierungen könnten ebenfalls ein Problem darstellen, da Nvidia im KI-Chip-Markt schon eine dominante Stellung hat.

Huang hat sich selbst einmal als „Marktmacher, nicht Marktnehmer“ beschrieben. Es ist unwahrscheinlich, dass er den Reiz einer Konkurrenz mit anderen Robotikfirmen verspürt, um sich in einem neuen, noch nicht ausgereiften Markt zu etablieren.

Doch auch der Versuch, sich als Plattformanbieter für die Robotik zu positionieren, birgt Herausforderungen. Das britische Unternehmen Arm Holdings wollte einst den Kern für das „Internet der Dinge“ bilden, indem es auf Software setzte, die Hersteller wie Bosch nutzen könnten. Doch der Erfolg blieb aus, und Arm konzentriert sich nun stärker auf die Rolle in der nächsten Phase des KI-Booms. Nvidia dagegen könnte mit Robotik einen anderen Weg einschlagen – ohne selbst Roboter zu bauen, sondern als Herzstück für ihre Funktionsweise.

Der beste Weg für Nvidia: Die „Gehirne“ für Roboter schaffen

Nvidia hat in der Vergangenheit mehrfach bewiesen, dass es neue Märkte erfolgreich erschließen kann, indem es als Partner agiert statt als Konkurrent. Huang verwandelte einst Gaming-Grafikkarten in das Fundament der KI-Revolution. Für die Robotik könnte das die beste Strategie sein: Nvidia liefert das „Gehirn“ und die Werkzeuge, ohne die kein Roboter mehr funktionieren kann. Die Gewinne könnten nicht an den derzeitigen KI-Boom heranreichen – doch wenn dieser irgendwann abflaut, könnte Nvidia froh sein, frühzeitig in den Robotikmarkt eingestiegen zu sein.

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