Die Verbraucherpreise im Euroraum sind im Mai deutlich gesunken und haben mit einer Teuerungsrate von 1,9 Prozent erstmals seit sieben Monaten wieder das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) unterschritten. Ökonomen sehen darin eine klare Vorlage für weitere Zinssenkungen – möglicherweise schon an diesem Donnerstag.
Im Vergleich zum Vormonat, als die Inflation noch bei 2,2 Prozent lag, fiel der Rückgang überraschend kräftig aus. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit einem leichten Rückgang auf 2,0 Prozent gerechnet. Auch die Kerninflation – ohne Energie und Lebensmittel – gab nach: von 2,7 auf 2,3 Prozent. Besonders deutlich war der Rückgang im Dienstleistungssektor, wo die Teuerung auf 3,2 Prozent sank – der niedrigste Wert seit März 2022.
An den Finanzmärkten sorgten die Zahlen für Bewegung: Der Euro fiel im Tagesverlauf um 0,6 Prozent auf 1,137 US-Dollar. Gleichzeitig stieg die Erwartung, dass die EZB ihren Leitzins am Donnerstag um weitere 25 Basispunkte senkt – auf dann 2,00 Prozent. Die Notenbank hatte erst im Juni 2024 damit begonnen, den Zinszyklus zu drehen. Für das kommende Jahr preist der Markt bereits zwei weitere Zinssenkungen ein.
Ökonomen sehen durch den nachlassenden Preisauftrieb neuen Spielraum für geldpolitische Lockerungen. Vincent Stamer von der Commerzbank erwartet, dass die EZB ihre Inflationsprognose für das Gesamtjahr nach unten korrigiert – eine Voraussetzung für weitere Zinsschritte. Auch Riccardo Marcelli Fabiani von Oxford Economics spricht von einem „sicheren Kandidaten“ für eine Zinssenkung in dieser Woche, weitere sollten folgen.
Für zusätzliche Entlastung sorgen der feste Euro, fallende Rohstoffpreise sowie eine leichte Abkühlung am Arbeitsmarkt. Diego Iscaro von S&P Global betont, dass der Inflationsrückgang zudem Konsumrisiken mildert, die durch geopolitische Unsicherheiten – etwa durch Trumps Handelspolitik – verstärkt wurden.
Spätestens mit der Veröffentlichung neuer Inflationsprognosen der EZB am Donnerstag dürfte sich entscheiden, ob sich der geldpolitische Lockerungskurs verstetigt. Bis 2026 erwartet die Notenbank laut März-Projektion eine Rückkehr zur Preisstabilität bei rund 1,9 Prozent.






