1,1 Milliarden Dollar – so viel soll Boeing nach einer neuen Einigung mit dem US-Justizministerium zahlen, um ein Strafverfahren wegen zweier tödlicher 737-Max-Abstürze endgültig abzuwenden. Die Vereinbarung sieht neben Geldauflagen auch strukturelle Auflagen vor und gilt als juristischer Schlussstrich unter ein Kapitel, das das Unternehmen seit Jahren belastet.
346 Menschen starben 2018 und 2019 bei zwei nahezu baugleichen Abstürzen des Flugzeugtyps 737 Max. Eine fehlerhaft konzipierte Assistenzsoftware, das sogenannte MCAS-System, drückte die Nase des Flugzeugs in gefährliche Fluglagen – Piloten konnten das System teils nicht mehr übersteuern. Interne Dokumente zeigen: Boeing-Mitarbeiter erklärten die Software gegenüber der US-Luftfahrtaufsicht FAA bewusst als unkritisch, um kostspielige Pilotenschulungen zu umgehen.
Bereits 2021 entging Boeing einer Strafverfolgung durch einen Deferred Prosecution Agreement (DPA), in dem das Unternehmen unter anderem zusagte, interne Compliance-Strukturen zu verbessern. Eine erste Strafzahlung in Höhe von 243,6 Millionen Dollar sowie 500 Millionen Dollar für einen Opferfonds waren Teil der ursprünglichen Vereinbarung.
Der neue Deal wurde notwendig, nachdem ein gravierender Vorfall im Januar 2024 Zweifel an der Vertragstreue Boeings aufkommen ließ: Bei einer fast neuen Maschine brach während des Steigflugs ein Rumpfsegment heraus – nur das schnelle Handeln der Crew verhinderte Schlimmeres. Ermittler stellten fest, dass Boeing gegen zentrale Auflagen der DPA verstoßen hatte.
Im Juli 2024 folgte ein Schuldeingeständnis: Boeing habe die US-Regierung bei der Zertifizierung vorsätzlich getäuscht. Damit war der Weg frei für eine neue Einigung, die nun unter anderem eine zusätzliche Strafzahlung von 243,6 Millionen Dollar, 444,5 Millionen Dollar für einen weiteren Opferfonds und 455 Millionen Dollar für Sicherheitsmaßnahmen vorsieht. Die Ernennung eines unabhängigen Aufsehers zur Kontrolle der Auflagenumsetzung ist ebenfalls Bestandteil.
Doch der Deal ist nicht unumstritten. Während einige Hinterbliebene der Opfer zustimmten, kündigten andere rechtliche Schritte an. Auch der texanische Bundesrichter, der über die Vereinbarung entscheiden muss, hatte einen früheren Vorschlag bereits abgelehnt – mit der Begründung, er sei der Schwere des Vergehens nicht angemessen.
Ob die neue Einigung Bestand hat, liegt nun in Händen der Justiz. Doch unabhängig davon bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Das Vertrauen in Boeing – einst Synonym für Ingenieurskunst – ist nachhaltig erschüttert.







