Schwedens scharfer Seitenhieb gegen Deutschland könnte Europas Energiemarkt aufrütteln. Ebba Busch, Schwedens Energie- und Wirtschaftsministerin, setzt klare Grenzen: Ohne tiefgreifende Reformen des deutschen Strommarktes wird die Hansa PowerBridge – ein 700-Megawatt-Stromkabel zwischen Schweden und Deutschland – nicht Realität.
Es ist eine bittere Pille für Berlin. Deutschlands Strommarkt zieht derzeit massenhaft günstigen Strom aus Nachbarstaaten ab, was die Preise für schwedische Verbraucher hochtreibt. „Bis Deutschland sein System in Ordnung bringt, bleibt das Projekt auf Eis“, erklärte Busch unmissverständlich. Die Botschaft: Deutschland soll den Markt in Zonen aufteilen und die Effizienz der Stromverteilung steigern.
Was steckt hinter der Hansa PowerBridge?
Die geplante Hansa PowerBridge soll Südschweden und Deutschland unter dem Baltischen Meer verbinden. Ein Projekt, das Europas Strommarkt enger verknüpfen könnte – und das dringend gebraucht wird. Denn der Kontinent erlebt aktuell das, was Busch als „prekäres Energiemärchen“ beschreibt: Preise, die zwischen schwindelerregenden Höhen und negativen Werten taumeln. Vergangene Woche zahlten Südschweden teils 190-mal mehr für Strom als die nördlichen Regionen.
Hintergrund ist die geografische Schieflage des schwedischen Stromnetzes. Der Norden Schwedens produziert enorme Mengen Wasserkraft, doch die Infrastruktur schafft es kaum, die Energie in den Süden zu transportieren. In Göteborg – Heimat von Volvo und SKF – brodelt es bereits. Ein hochrangiger schwedischer Manager warnte: „Wenn wir nicht bald die Energiepolitik in Ordnung bringen, drohen große Teile der Industrie zu kollabieren.“
Deutschland: Ein Strommarkt ohne System?
Buschs Forderung zielt auf die chaotische Struktur des deutschen Strommarktes ab. Deutschland kauft Strom dort, wo er am günstigsten ist – oft in Skandinavien. Für Schweden hat das fatale Folgen: Der „Export“ billigen Stroms treibt die Preise für heimische Verbraucher nach oben. Busch mahnt: „Es ist ein trauriger Moment für Europa, wenn ein Land wie Norwegen darüber nachdenkt, sich vom Netz abzukoppeln.“ Ein Seitenhieb, der in Berlin schmerzen dürfte.
Doch Deutschland hat selbst genug Baustellen. Seit dem Ausstieg aus der Atomkraft nach Fukushima 2011 stehen die Energiekosten unter Druck. Wind und Solar liefern zwar massive Mengen Strom – aber nur, wenn Wettergott Zeus es erlaubt. In Flautenzeiten explodieren die Preise.
Andere Länder schlagen längst Alarm. Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis bezeichnete Europas Energiesystem jüngst als „Blackbox“, die dringend transparenter und besser reguliert werden müsse. Der Ruf nach einer zentralen EU-Aufsichtsbehörde wird lauter.
Kernkraft: Der schwelende Konflikt
Hinter der Stromkabel-Debatte lauert ein Grundsatzstreit: die Atomkraft. Schweden – einst selbst auf Anti-Atom-Kurs – hat die Kehrtwende vollzogen und investiert massiv in neue Kernkraftwerke. Busch betonte: „Europa muss aufhören, politische Kämpfe über die Atomkraft auszutragen.“ Ein Seitenhieb auf Deutschlands Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck folgte prompt: „Kein politischer Wille kann die Gesetze der Physik außer Kraft setzen – nicht einmal Dr. Robert Habeck.“
Frankreich, traditionell kernkraftfreundlich, applaudiert Schweden. Deutschland hingegen bleibt der Paria der Atomfrage.
Europas Stromnetz vor dem Stresstest
Der Druck auf Europas Energienetz wächst. Die EU-Energieagentur Acer warnt bereits: Die Kosten für Stromnetze könnten sich bis 2050 verdoppeln, wenn nicht massiv investiert wird. Das bedeutet: Ohne Reformen droht Europa ein gigantischer Energieinfarkt.
Für Busch ist die Sache klar: Deutschlands Markt braucht ein Update, und Europa muss die Technologie der Zukunft – sprich Atomkraft – akzeptieren. Andernfalls bleiben Projekte wie die Hansa PowerBridge nichts weiter als ein Draht ins Nirgendwo.
Die Hansa PowerBridge wartet. Deutschlands Reformwille auch.