Das schwedische Start-up H2 Green Steel plant die Eröffnung der weltweit ersten groß angelegten Grünstahlfabrik im Jahr 2025. Mit einer Investitionssumme von 4,2 Milliarden Euro erhält das Unternehmen großen Zuspruch internationaler Investoren. Eine enorme Chance für Europa als Standort spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Wie H2 Green Steel am Montag bekannt gab, wird das Kapital in den Bau des Wasserkraft-Hybrid-Stahlwerks in der nordschwedischen Stadt Boden fließen. Die neue Technologie ermöglicht eine Reduktion von 95 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zur konventionellen Stahlproduktion in Hochöfen. Mit einer jährlichen Produktionskapazität von 2,5 Millionen Tonnen im ersten Schritt, setzt das Unternehmen langfristig das Ziel bis 2030 eine Produktionsmenge von fünf Millionen Tonnen zu erreichen.
Bereits jetzt wurden Verträge für die Lieferung der Wasserstoff-, Eisen- und Stahlausrüstung abgeschlossen. Die renommierten deutschen Unternehmen SMS Group und Thyssen-Krupp Nucera liefern die Spezialtechnik für das Werk und Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion vor Ort. "Das neue Werk ist nicht nur ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz, sondern auch ein Versprechen an den europäischen Industriestandort und unterstützt zudem zahlreiche deutsche Unternehmen", erklärt Henrik Henriksson, CEO von H2 Green Steel, dem Handelsblatt.
Neben der Beteiligung deutscher Unternehmen, stärkt das Projekt langfristig den EU-Standort. Durch den Erwerb von grünem Stahl innerhalb Europas, können Unternehmen ihre CO2-Emissionen direkt kompensieren, anstatt teure Zertifikate zu erwerben. Aus diesem Grund wird das Unternehmen trotz des Anti-Inflations-Programms IRA in den USA, welches Industrieunternehmen mit Steuervorteilen lockt, nicht in den USA starten.
Langfristig plant das Start-up den Bau weiterer Werke weltweit, in Europa, den USA und Kanada. H2 Green Steel hat bereits Lieferverträge mit Abnehmern seines grünen Stahls, darunter namhafte Unternehmen aus der Autoindustrie wie BMW, Porsche, Mercedes-Benz und ZF. Die Finanzierung des Stahlwerks wurde in drei Runden mit insgesamt 1,8 Milliarden Euro Eigenkapital seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 2021 gesichert.
Zu den Investoren zählen Unternehmen wie der deutsche Stahlverarbeiter Schaeffler, der japanische Technologieentwickler Hitachi Energy sowie Investmentfonds wie Hy24, Altor und GIC. Auch die EU unterstützt das Projekt mit 250 Millionen Euro über die Europäische Exekutivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt (CINEA). Bei der Finanzierung des Flachstahlwerks beteiligt sich auch die staatliche deutsche Projektfinanzierer KfW Ipex-Bank mit einem Kredit in Höhe von 187,5 Millionen Euro.
"Wir setzen einen starken Fokus auf die Unterstützung der Stahl- und Exportindustrie in diesem Sektor", sagt Michael Waitz, Abteilungsdirektor Rohstoffe & Metalle bei der KfW Ipex-Bank. Das schwedische "Leuchtturmprojekt" bietet große Vorteile für die beteiligten deutschen Unternehmen wie SMS Group oder Thyssen-Krupp Nucera. Es zeigt, was bei einem Neubau technisch möglich ist.
Das Werk in Schweden wird von Grund auf mit einer grünen Struktur gebaut. Bei bestehenden Stahlwerken, die unter laufender Produktion umstellen, ist der Umstieg komplexer, erklärt Waitz. Bei deutschen Unternehmen wie Thyssen-Krupp müssen möglicherweise Werke klimafreundlich umgebaut werden, in denen seit Jahren mit Hochöfen Stahl produziert wird.
Der Bau in Schweden dient daher als Vorbild für Unternehmen, die in Zukunft ebenfalls Grünstahlwerke bauen wollen. Das Werk ist optimal geplant und verfügt über eine eigene Wasserstoffproduktion. Die Beschaffung von Wasserstoff und Transportkosten spielen für die Betreiber daher eine untergeordnete Rolle.
Zudem gibt es in Schweden auf absehbare Zeit günstigen Grünstrom. Die Mittel der KfW Ipex dienen hauptsächlich der Finanzierung der Zulieferungen der SMS Group und Thyssen-Krupp Nucera, beides Unternehmen mit hohem Wertschöpfungsanteil aus Deutschland.