Marktrends zeigen, dass es für Unternehmenheutzutage überlebenswichtig ist, sich stetig weiterzuentwickeln und neue Strategien zu verfolgen. Marc Llistosella, seit einem Jahr an der Spitze des Münchner Zulieferkonzerns Knorr-Bremse, scheint dies zu verinnerlichen. Mit klaren Zielen und einer neuen Philosophie bricht er mit den alten Vorstellungen seines Vorgängers und Konzernpatriarchen Heinz Hermann Thiele.
Obwohl Knorr-Bremse erfolgreich ist, möchte Llistosella Veränderungen herbeiführen. Auf der Jahrespressekonferenz in München berichtete er stolz von volle Auftragsbüchern, steigenden Gewinnen und einer Umsatzmarge von 11,3 Prozent im Jahr 2023 – mehr als doppelt so viel wie der Konkurrent ZF Friedrichshafen. Dennoch plant er, Geschäftsbereiche mit einem Umsatzvolumen von 1,4 Milliarden Euro, was einem Sechstel des Gesamtumsatzes entspricht, abzustoßen. Sein Fokus liegt auf der nachhaltigen Wertschöpfung und dem Bereinigen des Portfolios, anstelle schneller Zukäufe, wie von seinen Vorgängern betrieben.
Mit Unterstützung von McKinsey Beratern lässt Llistosella das Unternehmen von Grund auf analysieren und bereinigen. Es soll "das Haus in Ordnung gebracht werden", so der Knorr-Chef. Der Verkauf des Bahnzulieferers Kiepe im letzten Jahr war erst der Anfang, weitere Schritte sollen im ersten Halbjahr 2024 folgen. Damit bricht Llistosella auch mit der Philosophie seines Vorgängers Thiele, der stets auf schnelles Wachstum und Erweiterungen setzte.
Als Erinnerung an den verstorbenen Patriarchen muss Llistosella jeden Morgen an seinem Konterfei vorbei, das im Foyer der denkmalgeschützten Firmenzentrale hängt und stets mit frischen Blumen dekoriert ist. Dennoch ist die Kontrolle von Thieles Nachkommen über den MDax-Konzern ein Fluch und ein Segen zugleich. Vorgänger von Llistosella scheiterten an der von Thiele geprägten Unternehmenskultur. Doch für Llistosella und Finanzvorstand Frank Weber ist es ein "Weckruf", dass wichtige Kennziffern wie die Umsatzrendite und die Rendite auf das eingesetzte Kapital seit Jahren schleichend erodieren.
Dennoch ist die operative Geschäftstätigkeit von Knorr-Bremse ein Erfolg. So lag der Umsatz im vierten Quartal über den Erwartungen der Analysten und die Aktie verzeichnete einen Anstieg von bis zu acht Prozent. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, die Entlassungen vornehmen, legt Knorr-Bremse in Zeiten der Krise starke Zahlen vor. Diese Festigkeit möchte Llistosella nutzen und setzt sich das Ziel, bis 2026 den Umsatz auf acht bis neun Milliarden Euro zu steigern und die operative Marge auf mehr als 14 Prozent zu erhöhen.
Ein wichtiger Schritt, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Zusammenarbeit der beiden eigenständigen Sparten des Konzerns - Truck und Zug. Während sein Vorgänger noch versuchte, den Autozulieferer Hella zu übernehmen und damit den Kapitalmarkt zu verärgern, setzt Llistosella auf innere Struktur und Transparenz. Mit der Hilfe von Daten und Beratern von McKinsey sollen die Verästelungen der beiden Sparten aufgeklärt werden. Viele bezeichnen dies als "Demontage der alten Garde" bei Knorr-Bremse.
Llistosella selbst nennt sein Programm "Boost 2026" und hat klare Vorstellungen davon, wie das Unternehmen zukunftsfähig gemacht werden soll. Trotz der anstehenden Verkäufe von Geschäftsbereichen in Milliardenhöhe, soll der Umsatz in den nächsten Jahren steigen und die Marge erhöht werden. Dieses Ziel erfordert Klarheit und einen eisernen Willen, die alten Strukturen aufzubrechen und in die richtige Richtung zu lenken.
Ein Beweis dafür ist auch der Weggang von Spitzenkräften, wie Jürgen Wilder, der die Bahnsparte von Knorr-Bremse verließ, um ein ähnliches Unternehmen mit Siemens Mobility zusammenzuführen. Llistosella hingegen möchte die Sparte behalten und Synergieeffekte mit dem Truckbereich nutzen. Denn trotz einiger Herausforderungen, ist Knorr-Bremse noch immer ein starker Akteur in der Branche. Llistosella wird weiterhin daran arbeiten, das Unternehmen für die Zukunft zu stärken und die Ziele von "Boost 2026" zu erreichen.