Die Chip-Industrie steht an einem kritischen Scheideweg. Auf der einen Seite boomt die Nachfrage nach KI-Technologien, angetrieben von Investitionen der Big Tech-Giganten wie Meta, Google und Microsoft in massive Rechenzentren. Auf der anderen Seite lauert das Risiko eines Einbruchs, der die gesamte Lieferkette ins Wanken bringen könnte. Doch Hoffnung kommt aus einer unerwarteten Ecke: dem Smartphone.
Doug Lefever, CEO von Advantest – dem weltweit größten Anbieter von Chip-Testgeräten und einem wichtigen Zulieferer von Nvidia –, sieht in KI-fähigen Smartphones ein mögliches Rettungsboot. „Jeder wartet auf die Killer-App“, sagt Lefever. „Wenn sie kommt, wird es verrückt.“
Das Zittern der Datenzentren
Die Dominanz der Hyperscaler wie Meta und Microsoft hat die Lieferkette der Chip-Industrie in eine gefährliche Abhängigkeit geführt. Lefever spricht von möglichen „bösen Zyklen“, sollte die Nachfrage nach Rechenzentrums-Technologien einbrechen. Auch wenn er den Begriff „Blase“ vermeidet, scheint klar: Ein Rückgang bei den Investitionen der Tech-Giganten hätte massive Auswirkungen.
Die gesamte Branche beobachtet nervös die Entwicklungen, denn das Testen von High-End-Chips – ein Bereich, in dem Advantest mit über 50 % Marktanteil führend ist – hat sich in den letzten Jahren vervielfacht. Ein Nvidia-Chip der neuesten Generation benötigt drei- bis viermal so lange Testzeiten wie sein Vorgänger. Diese Komplexität macht Advantest unentbehrlich, doch auch verletzlich, wenn der Boom ins Stocken gerät.
KI-Handys: Vom Dornröschenschlaf zum Hype?
Obwohl der Markt für KI-fähige Smartphones derzeit noch „langsam“ sei, wie Lefever einräumt, könnte die nächste Innovation eine Welle der Erneuerung auslösen. „Wenn die Menschen anfangen, ihre Handys zu ersetzen, wird es verrückt“, so Lefever. Der Optimismus ist nicht unbegründet: Schon in der Vergangenheit haben technologische Durchbrüche die Nachfrage nach Smartphones explodieren lassen. Ob KI der nächste große Treiber sein wird, bleibt abzuwarten – die Branche jedoch hält den Atem an.
Japanische Dominanz im Schatten des Silicon Valley
Advantest ist ein Paradebeispiel für Japans Stärke in hochspezialisierten Nischen. Trotz des Rückgangs der einstigen Spitzenposition Japans in der Chip-Produktion haben Unternehmen wie Advantest, die sich auf Testgeräte und andere essenzielle Bereiche konzentrieren, weiterhin globales Gewicht. Die Maschinen von Advantest, die bis zu 1 Million Dollar kosten und komplexer als ein Passagierflugzeug sind, durchlaufen jeden modernen Chip zwischen 10 und 20 Mal.
Analysten sind optimistisch: Mit einem Marktanteil von über 60 % in manchen Segmenten bleibt Advantest ein Gigant. Auch geopolitische Spannungen, wie die US-Beschränkungen gegen China, scheinen dem Unternehmen wenig anzuhaben. Als ein chinesischer Kunde kürzlich durch Sanktionen wegfiel, wurde der Verlust in wenigen Monaten durch neue Kunden kompensiert.