Auslaufmodell AT1-Anleihen – Warum Banken und Investoren umdenken müssen

Die Pleite von Credit Suisse zeigt: AT1-Anleihen stabilisieren Banken kaum, sondern können Krisen sogar verschärfen.

4.2.2025, 10:22
Eulerpool News 4. Feb. 2025, 10:22

Nach der Finanzkrise wurden Additional Tier 1 (AT1)-Anleihen als Kapitalinstrumente eingeführt, um Banken in Krisenzeiten widerstandsfähiger zu machen. Doch die Pleite von Credit Suisse hat gezeigt, dass diese hybriden Wertpapiere oft nicht wie vorgesehen funktionieren – und im schlimmsten Fall die Risiken für Banken und Investoren sogar noch verstärken.

Der Markt für AT1-Anleihen ist mittlerweile auf 270 Milliarden Dollar angewachsen. Ihr Prinzip: Sie gelten als regulatorisches Kapital, das Banken zur Verlustabsorption vorhalten müssen. Die Zinszahlungen sind an bestimmte Kapitalquoten gekoppelt – fallen diese unter einen festgelegten Schwellenwert, werden die Anleihen entweder in Aktien umgewandelt oder vollständig abgeschrieben (bail-in).

Für Banken bieten AT1s zunächst Vorteile. Sie sind günstiger als Eigenkapital und vermeiden eine Stimmrechtsverwässerung der Aktionäre. Doch der Mechanismus birgt gravierende Probleme: Die Konditionen variieren von Emission zu Emission, sodass Regulierer bei einer Abwicklung weitreichende Ermessensspielräume haben – was für Investoren erhebliche Rechtsunsicherheit bedeutet, wie die laufenden Klagen im Fall Credit Suisse verdeutlichen.

Noch kritischer sind die systemischen Folgen. Ein bail-in kann eine Abwärtsspirale auslösen, die das Vertrauen in eine Bank weiter untergräbt: Refinanzierungskosten steigen, Kunden ziehen Einlagen ab, Kreditlinien werden gekappt. Zudem kann die Umwandlung von AT1-Anleihen in Aktien den Kurs zusätzlich belasten, was wiederum Investoren dazu verleitet, sich frühzeitig von ihren Anteilen zu trennen – eine Negativdynamik, die auch gesunde Banken erfassen kann.

Hinzu kommen Bewertungsprobleme. AT1s vereinen Merkmale von Fremd- und Eigenkapital, was ihre Preisfindung erschwert. Die meisten Anleger stützen sich auf Marktpreise und Margen zu anderen Bankanleihen, statt die Risiken realistisch zu kalkulieren. Diese blinde Marktvertrauen kann sich in Krisensituationen als fatal erweisen.

Auf regulatorischer Ebene wächst daher die Skepsis. Während die Bank of England 2024 noch eine Verschärfung der Anforderungen ankündigte, geht Australien einen radikaleren Weg: Die Finanzaufsicht APRA entschied im Dezember, AT1-Anleihen auslaufen zu lassen, da sie sich in Stressphasen nicht als wirksam erwiesen haben. Die einzige Gegenstimme kam von Anlegern, die den Verlust eines lukrativen Produkts bedauerten – ein schwaches Argument gegen die Stabilität des Finanzsystems.

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